Aufbrüche wagen

Ein Buch von Christian Hennecke weist neue Wege für die Kirche

Das Image der Kirchen ist weltweit angeschlagen: Missbrauchsskandal, zweifelhafter Reichtum oder Gerangel um kirchliche Strukturen – nicht nur in der katholischen Kirche. Die Zahl der Gläubigen geht zurück, gleichzeitig aber entsteht Neues. Über das „Wunder des kirchlichen Aufbruchs“ hat der Hildesheimer Regens Dr. Christian Hennecke jetzt ein Buch geschrieben.

Zahlreiche Reisen hat Hennecke unternommen und dabei viele neue Formen der Glaubensverkündigung kennengelernt. In seinem Buch „Ist es möglich? – Vom Wunder des kirchlichen Aufbruchs“ berichtet er über seine Erfahrungen, beschreibt die Mängel der Kirche und zeigt neue Formen auf, wie der Glaube an Gott auch heute glaubwürdig verkündet werden kann. Und seine Lebendigkeit auch nach außen hin spürbar wird.

Ob USA, England, Frankreich, Südafrika, Philippinen oder auch Deutschland – Hennecke hat vor Ort recherchiert, hat Bischöfe, Priester, ehren- und hauptamtliche Katecheten befragt und zum Teil schonungslose Antworten erhalten, wenn es darum ging, was Kirche noch immer falsch macht. Wo Finanzprobleme, Strukturgerangel, Überlastung der Priester oder einfach Desinteresse vonseiten der Menschen herrschen, befindet sich die Kirche auf dem Rückgang – da ist es gleich, auf welchem Erdteil man sich befindet. Aber da, wo sie auf die Menschen zugeht, bereit ist alte Zöpfe abzuschneiden und etwas Neues zu beginnen wagt, da wird sie akzeptiert und die Menschen kommen, um der Verkündigung zu lauschen. Und sie teilen den Glauben und werden dadurch selbst Zeugen und Verkünder des Glaubens.

Überall auf der Welt, so konnte Hennecke erfahren, gibt es Aufbrüche in den Kirchen. Priester und Laien schlagen gemeinsam neue Wege der Verkündigung ein, gehen wieder auf die Straßen zu den Menschen, bilden neue Gemeinden, die mit den alten traditionellen Strukturen nichts oder nur noch sehr wenig zu tun haben. Eine Erfahrung Henneckes: „Nur wenn wir zu den Menschen gehen, hat Kirche eine Zukunft.“ Die Beispiele im Buch machen deutlich, dass es nicht um gesicherte Finanzen geht, sondern darum, sich auf den eigentlichen Verkündigungsauftrag zu besinnen. Es geht nicht um Strukturdebatten, um die Selbstdarstellung oder Egozentrik derer, die den Verkündigungsauftrag haben, sondern um die Menschen.

Denn viele sind auf der Suche, wissen nicht, wo ihr Lebens- und Glaubensweg langgehen soll. Für sie muss Kirche Angebote schaffen oder vorhalten. Priester wie hauptamtliche Laien dürften nicht wegen einer finanziellen Absicherung arbeiten, sondern aus Überzeugung und Berufung. Geld sei zweitrangig, schreibt Hennecke. Und manchmal sei eine gute finanzielle Ausstattung sogar der Sache abträglich – mache müde und träge. Gerade da, wo man es nicht vermutet, in Elendsvierteln und Quartieren von sozial Schwachen, fasse die Kirche wieder Fuß, so der Autor.

Auch in Deutschland gibt es bereits solche Aufbrüche, aber hier steckt man noch in den Kinderschuhen. „Neuaufbrüche brauchen Mut“, betont Hennecke. Nicht jede Idee würde gleich greifen, es gebe Durststrecken und Rückschläge. Doch die Berichte lassen hoffen. Egal ob innovative Glaubenskurse oder der Versuch einer Gemeinde ohne Kirche als festes Zentrum: Das Neue verdient zumindest eine ehrliche Chance.

Dr. Christian Hennecke: Ist es möglich? Vom Wunder des kirchlichen Aufbruchs; Aschendorff Verlag, 19,80 Euro.