Bewegende Heimkehr

Bischof Norbert Trelle brachte ein Faksimile des Albani-Psalters nach England

Hildesheim/St Albans (bph) Ein Buch schlägt Brücken zwischen Nationen und Konfessionen: Vor fast vier Jahrhunderten retteten Benediktiner den Albani-Psalter, eine mittelalterliche Handschrift, aus der englischen Abtei St Albans nach Hildesheim. Am gestrigen Dienstagabend, 16. August 2011, übergab der Hildesheimer Bischof Norbert Trelle seinem anglikanischen Amtskollegen Dr. Alan Smith in der Kathedrale von St Albans bei London ein wertvolles Faksimile, also eine Kopie der Handschrift und lud den anglikanischen Bischof zur Eröffnung des Doms 2014 nach Hildesheim ein.

Der Albani-Psalter hat Intoleranz und Zwietracht gesehen, nun soll er zur Brücke werden und zum Fundament einer Freundschaft. Konnten die englischen Benediktiner von St Albans in der Reformation ihr Leben und das wertvolle Buch nur durch die Flucht nach Deutschland retten, so wurden der katholische Bischof und seine Delegation in St Albans jetzt mit großer Freundlichkeit empfangen. Von der ehemaligen benediktinischen Abtei, in der das Buch entstand, steht nur noch die beeindruckende Klosterkirche, die inzwischen Kathedrale des anglikanischen Bistums St Albans ist. Hier, an historischer Stätte, übergab Trelle im Rahmen eines feierlichen Abendgebetes des „Evensong“ seinem anglikanischen Amtskollegen die wertvolle Buchkopie. Über alle früheren Feindschaften zwischen Deutschen und Engländern, zwischen Katholiken und Anglikanern hinweg soll das Buch nach Trelles Worten die Menschen an die Wurzel ihres Glaubens erinnern und in einer friedlosen Zeit Orientierung geben. Sichtlich bewegt nahm Bischof Smith das Buch entgegen. Für ihn sei es ein Symbol dafür, dass die Welt sich nationale und auch konfessionelle Feindschaften nicht mehr leisten könne, sagte der anglikanische Bischof unter den Augen zahlreicher Gläubiger, die zu diesem historischen Ereignis in die Kathedrale gekommen waren.

Das Faksimile des Buches soll voraussichtlich in der Schatzkammer der Kathedrale ausgestellt werden. Vielleicht kann es eine dauerhafte Verbindung zwischen dem katholischen Bistum Hildesheim und dem anglikanischen Bistum St Albans begründen. Bischof Trelle jedenfalls hat seinen Amtskollegen und dessen Delegation zur Wiedereröffnung des Hildesheimer Doms 2014 nach Deutschland eingeladen.

Der Albani-Psalter, auch St. Albans-Psalter genannt, ist ein Hauptwerk englischer Buchmalerei der Romanik. Er gilt als bedeutendste mittelalterliche Handschrift des englischen Kulturraums, die außerhalb Englands aufbewahrt wird und enthält unter anderem einen Kalender mit Gedenktagen, Psalmen und Heiligenlegenden. Das Werk entstand in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts in der englischen Abtei St Albans, die damals ein Benediktinerkloster war. Dessen Abt Geoffrey von Gorham fasste in jenen Jahren eine geistliche Leidenschaft zu der Einsiedlerin Christina von Markyate. Für sie ließ er von seinen besten Schreibern und Zeichnern ein Werk schaffen, das auf über 400 Seiten brillant gemalte Szenen aus dem Leben Jesu und Bilder aus den Heiligenlegenden zeigt. Außerdem schmücken das Buch 215 Initiale, die verschiedene Geschichten erzählen.

Als sich der englische König Heinrich VIII. im 16. Jahrhundert vom Papst lossagte, wurden Katholiken verfolgt und mussten das Land verlassen. Auf abenteuerlichen Wegen kam der Albani-Psalter 1643 mit englischen Benediktinern in das Kloster Lamspringe bei Hildesheim. Von dort gelangte er schließlich in die Benediktinerabtei St. Godehard in der Bischofsstadt. Heute wird er als Leihgabe in der Hildesheimer Dombibliothek aufbewahrt.

Im Juli 2008 konnte die Dombibliothek Hildesheim ein Faksimile des berühmten Psalters vorstellen, das in zweijähriger Zusammenarbeit mit dem Verlag Müller und Schindler in Simbach am Inn entstanden ist. Dazu musste die Handschrift in ihre Einzelblätter zerlegt werden, um diese mit einer Spezialkamera abzulichten. Von diesem Faksimile gibt es nur 1125 Exemplare, die im Buchhandel 11.900 Euro pro Stück kosten.

Bischof Norbert Trelle wurde bei der Übergabe des Faksimile in St Albans von einer neunköpfigen Bistumsdelegation begleitet, darunter Generalvikar Dr. Werner Schreer und Jochen Bepler, Direktor der Hildesheimer Dombibliothek. Auf dem zweieinhalbtägigen Reiseprogramm von Montag, 15. August bis Mittwoch, 17. August, standen neben der Übergabe des Faksimile auch verschiedene Gespräche mit Mitgliedern des Kathedralkapitels von St Albans und der Bürgermeisterin der gleichnamigen Stadt.