Bildungschancen gerecht verteilen

Prof. Dr. Bernhard Vogel sprach beim Jahresempfang des Hildesheimer Bischofs

Hildesheim/Marienrode (bph) Er sparte nicht mit Lob für Bistum und Kirche, gab seinen Zuhörern aber auch viel Nachdenkliches mit auf den Weg – Prof. Dr. Bernhard Vogel sprach am Dienstagabend beim Jahresempfang des Hildesheimer Bischofs Norbert Trelle im Benediktinerkloster Marienrode über die „Zukunftsaufgabe Bildung – Chancengleichheit versus Chancengerechtigkeit“. Mehr als 200 Gäste aus Gesellschaft, Politik und Kirchen waren gekommen, um den ehemaligen Ministerpräsidenten zu hören.

Für Bernhard Vogel, nach eigenen Worten „mit Leinewasser in Göttingen getauft“, sind Klöster der Inbegriff von Bildung. Jahrhundertelang hätten sie Wissen bewahrt und weiter gegeben, sagte er beim Jahresempfang des Bischofs. Das Bistum nehme diese Tradition mit seinen zahlreichen katholischen Schulen auf, lobte Vogel. Damit habe die Kirche begriffen, dass Bildung die entscheidende Zukunftsaufgabe unserer Gesellschaft sei und selbstbewusste Menschen erziehen müsse, die ihren Platz in der Gesellschaft finden.

Insgesamt aber bewertete Vogel, der unter anderem von 1967 bis 1976 Kultusminister in Rheinland-Pfalz war, das deutsche Bildungswesen eher kritisch. Zwar sei es gelungen, die Zahl der Abiturienten und Studenten in den vergangenen Jahrzehnten deutlich zu steigern. Doch dabei konnte nach Vogels Eindruck nicht immer das Niveau gehalten werden. Mittelmaß für alle dürfe es nicht geben, zeigte sich der ehemalige Ministerpräsident überzeugt. Wenn man zugestehe, dass die Menschen zwar gleich an Menschenwürde, aber nicht gleich in ihren Fähigkeiten sein, dann gelte auch: Chancen müssen gerecht, aber nicht gleich verteilt werden. Soll heißen: Gleiche Startchancen für alle Kinder, dann aber unterschiedliche Förderung je nach Begabung.

Ebenso deutlich trat Vogel für das Recht, aber auch die Pflicht der Eltern zur Erziehung ein. Diese Pflicht könne nicht an den Staat delegiert werden, stellte Vogel in Marienrode klar. Dennoch komme es auch darauf an, Kindern gute Lehrerinnen und Lehrer zu geben. „Es gibt keinen wichtigeren Beruf“, glaubt der Politiker und forderte mehr Anerkennung für Lehrer und Erzieher.

Prof. Dr. Bernhard Vogel wurde 1932 in Göttingen geboren, wuchs aber in Gießen und München auf. Als Politiker hatte er verschiedene Ämter inne, war unter anderem Kultusminister und Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz und später Ministerpräsident von Thüringen. Viele Jahre führte Vogel zudem das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) und die Konrad-Adenauer-Stiftung. Seit Dienstagabend ist Prof. Dr. Bernhard Vogel zudem das erste Ehrenmitglied des Dombauvereins Hildesheim, der sich Ende April gegründet hat. 15 Personen nutzten die Gelegenheit, beim Empfang nach Vogels Festrede in den Dombauverein einzutreten, darunter auch Vogel selbst. Der Jahresempfang war wieder gut besucht. Unter den Gästen konnte Bischof Trelle unter anderem den niedersächsischen Wirtschaftsminister Dr. Philipp Rösler begrüßen.