Drei Werke aus Hildesheim kommen nach Hause

Eine mittelalterliche Handschrift und zwei Inkunabeln wurden für die Dombibliothek erworben

Die Dombibliothek Hildesheim erweitert ihren Bestand mit einer mittelalterlichen Handschrift und zwei Inkunabeln. Die historisch bedeutsamen Werke stammen ursprünglich aus Hildesheim und wurden Anfang Dezember auf einer Auktion bei Sotheby’s in London für die Dombibliothek erworben.

Der Gesamtpreis der drei Objekte lag bei umgerechnet rund 52.000 Euro. Der Kauf gelang mit Mitteln des Bistums Hildesheim (23.000 Euro) sowie mit Zuwendungen der Klosterkammer Hannover (9.400 Euro), der Kulturstiftung der Länder (9.400 Euro), der Landschaft des vormaligen Fürstentums Hildesheim (2.000 Euro), der Niedersächsischen Sparkassenstiftung und der Sparkasse Hildesheim Goslar Peine (gemeinsam 8.460 Euro).

„Allen Geldgebern möchte ich sehr herzlich danken. Nur so ist es möglich geworden, diese herausragenden Objekte zurück nach Hildesheim zu holen, die in besonderer Weise mit der Stadt und dem Bistum verbunden sind“, sagt PD Dr. Monika Suchan, die Direktorin der Dombibliothek Hildesheim.

Die Werke gehörten zu zwei der bedeutendsten klösterlichen Stiftungen in Hildesheim, St. Magdalenen und St. Godehard. Die Werke waren während der Säkularisationen zu Beginn des 19. Jh. mit Benediktinern aus Lamspringe nach England in die Abtei Ampleforth gelangt. Die Treuhandgesellschaft, zu der Ampleforth heute gehört, ließ diese und etliche andere Stücke versteigern.

Die mittelalterliche Handschrift ist der dritte Teil eines insgesamt drei Bände umfassenden Werkes, das eigens für den Gebrauch der Nonnen aus St. Magdalenen gefertigt worden ist. Bei dem Text handelt es sich um den Malogranatum, „Granatapfel“, eine anonym überlieferte und im Spätmittelalter verbreitete Erbauungsschrift, die insbesondere für den Gebrauch monastischer Gemeinschaften geeignet war.

Der Text behandelt die Kernbotschaften des christlichen Glaubens, die in einem fiktiven Dialog zwischen einem Vater und einem Sohn erörtert werden. Wahrscheinlich stammt der Malogranatum ursprünglich aus einem Zisterzienserkloster in der Nähe von Prag aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts und spiegelt die Positionen und Probleme, die die spätmittelalterlichen Reformordensleute bewegten.

Die Dombibliothek besitzt neben dem nun erworbenen Exemplar des „Granatapfels“ noch zwei weitere Handschriften aus dem Hildesheimer Magdalenenkloster, der einzigen klösterlichen Einrichtung, die im Mittelalter in Hildesheim für Frauen eingerichtet wurde. Weil die Hildesheimer Niederlassung des Ordens die einzige war, die in Deutschland über Jahrhunderte bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts existierte, gibt es so gut wie keine vergleichbaren Zeugnisse ihrer Lebensweise und Spiritualität.

Die zwei erworbenen Inkunabeln waren mehr als drei Jahrhunderte im Besitz der Bibliothek von St. Godehard. Die Wiegendrucke werden nun in den Bestand der Dombibliothek überführt, die den Bibliotheksbestand dieses ehemaligen Klosters aufbewahrt.

Bei der ersten Inkunabel handelt es sich um eine nach 1497 in Straßburg erschienene Ausgabe der Werke des Schweizer Theologen Felix Hemmerlin, der Mitgestalter des Konstanzer (1414-1418) und der Basler Konzils (1431-1449) war. Sie zeichnet sich durch den Herausgeber Sebastian Brant aus, der durch das Narrenschiff bekannt ist, sowie durch ihren zeitgenössischen, in St. Godehard hergestellten Holzeinband.

Die zweite Inkunabel enthält eine Erstausgabe des Scrutinum Scripturarum des Paulus von Burgos. Sie erschien ebenfalls in Straßburg vor 1470 und wurde von Johannes Mentelin gedruckt, einem mutmaßlichen Kollegen von Johannes Gutenberg und Drucker der ersten deutschsprachigen Bibel.

Paulus von Burgos war Jude und lehrte als Rabbiner, bevor er zum Christentum konvertierte und in Paris Theologie studierte. Sein erkennbar tendenziös antisemitisches Werk wurde zu einem der einflussreichsten Vermittler von Kultur und Religion des Judentums in Europa.

Am 16. April um 18 Uhr werden die drei Neuerwerbungen der Öffentlichkeit durch Dr. Christian Heitzmann, Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel Dr. Johannes Mangei, Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen PD Dr. Monika Suchan, Dombibliothek Hildesheim vorgestellt.