Eine neue Kultur des Hinsehens

Bischof Norbert Trelle beschreibt in seiner Osterpredigt die heilende Wechselwirkung von Sehen und Glauben

Hildesheim (bph) Eine „neue Kultur des Hinsehens“ fordert der Hildesheimer Bischof Norbert Trelle am Ostersonntag in seiner Predigt zum diesjährigen Osterfest – eine Kultur, die den anderen „nicht zum Objekt ständiger Überprüfung und Überwachung macht, sondern ihn spüren lässt, dass er geliebt ist in den Augen Gottes und in den Augen der Menschen.“

Christen feiern in der Osternacht die Auferstehung Jesu. Und das, obwohl die Realität diesem Osterglauben scheinbar widerspricht, wie Bischof Norbert Trelle in seiner Osterpredigt sagt: Tote stehen nicht wieder auf, immer noch werden Menschen gefoltert oder verhungern und Profitgier kostet Menschenleben. Wie kann man trotz dieser Wirklichkeit an die Auferstehung glauben?

Durch einen Glauben, der aus dem Sehen kommt. Und dieses Sehen wiederum müsse ein Sehen der Liebe sein, wie Bischof Trelle ausführt. Wahre Liebe mache eben nicht blind, wie immer behauptet werde, sondern sehend. Wer den anderen mit den Augen der Liebe sehe, der liebe ihn um seiner selbst willen, der lasse seinen Nächsten auch dann nicht alleine, wenn alles sinnlos oder vergeblich scheine.

„Wer kann wohl den Hunger ermessen, den viele Menschen geistig und psychisch erleiden, bevor sie der Versuchung erliegen, sich der Dämonie der Zerstörung auszuliefern?“ fragt Trelle auch mit Blick auf den Amoklauf von Winnenden. Mancher Politiker habe danach eine neue Sensibilität des Hinsehens gefordert: Dies darf nach Trelles Überzeugung aber kein prüfender Blick sein, „der nur in den Allmachtsphantasien totalitärer Staaten“ vorkomme, auch nicht „die Regelungswut von Bürokraten, die alle Lebensräume mit Vorschriften zustellt“. Gefragt sei vielmehr ein Hinsehen, das den Menschen spüren lasse, dass er von Gott geliebt ist.