Katholiken diskutieren Zukunft der Kirche im Bistum

Tagung „Inspiration – Charisma – Evangelium“ als Impulsgeber für das Gemeindeleben

Ideen zur lokale Kirchenentwicklung standen im Mittelpunkt einer Tagung im Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen.

Die Dekanate Untereichsfeld und Göttingen hatten gemeinsam mit dem Bistum Hildesheim eingeladen. Unter dem Motto „Inspiration – Charisma – Evangelium“ diskutierten rund 150 Teilnehmer, wie sich Gemeinden und die Kirche insgesamt zukünftig entwickeln sollten. Neben zahlreichen Christen aus der Südregion des Bistums zwischen Nörten-Hardenberg, Duderstadt und Göttingen waren einige Teilnehmer auch weiter etwa aus Paderborn, Münster, Cuxhaven und Braunschweig.

Den Eröffnungsvortrag hielt Rainer Engelken vom Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation in Göttingen. Er stellte die Dynamik in chaotischen Systemen vor. Anhand anschaulicher Bespiele wie einem kippelnden Klavierhocker machte er deutlich, dass geringste Änderungen in einem instabilen System starke Auswirkungen haben können. Gleichzeitig sei eine Vorhersage der Entwicklung nicht zwingend absehbar.

Beim Übertrag der Erkenntnisse aus chaotischen Systemen auf die Kirche erhielt Engelken besonders viel Applaus für seine Bemerkung, dass Teilsysteme nicht immer an der kurzen Leine gehalten werden dürften. Ihnen sollte vielmehr ermöglicht werden, „aus eigenem Antrieb heraus mitentscheiden und mitwirken zu können“. Eigene Wünsche und Ideen sollten umsetzbar sein, „ohne dass gleich von außen vorgeschrieben wird, was zu tun und zu lassen ist“, sagte Engelken.

Dr. Estela Padilla vom Pastoralinstitut Bukal ng Tipan auf den Philippinen beschäftigte sich mit den Dialogmöglichkeiten der Kirche. „Dialog meint, wir sind Partner auf Augenhöhe“, sagte Padilla. Neben einem Dialog innerhalb der Kirche sei der Dialog mit Außenstehenden wichtig. Dialog verändere sowohl die Identität der beteiligten Menschen als auch Strukturen. „Wenn wir keine Veränderung wahrnehmen können, hat auch kein Dialog stattgefunden“, sagte Padilla. Veränderung durch Dialog habe auch Jesus vorgelebt, Innovationen und Veränderung in der Kirche sei durch Evangelisierung möglich.

Während der Vorträge entstanden auf der Tafel im Hintergrund spontane Kreidezeichnungen durch Peter Esser aus Düsseldorf. Beispielsweise hielt er Papst Franziskus in Anlehnung an den Druiden Miraculix aus den Asterix-Comics fest. Auf den Kochtopf schrieb er „Edge of Chaos“ (Rand des Chaos).

Am Nachmittag wurden in rund 20 Workshops Impulse aus der Praxis vorgestellt. So präsentierte sich etwa das Vorbereitungsteam der Klostermesse in Germershausen genauso wie der Duderstädter „Think Tank“ zur Zukunft der Kirche, den Propst Bernd Galluschke ins Leben gerufen hat. Auch die ökumenische Jugendgemeinde Haven aus Göttingen und das Vorbereitungsteam der „Nightfever-Gottesdienste“ in der Citykirche St. Michael berichteten von ihrer Arbeit.

Parallel standen Seelsorger und Fachleute für lokale Kirchenentwicklung zum Gespräch bereit. Anschließend wurden die Eindrücke der Teilnehmer im Plenum vorgetragen. Dabei wurde betont, dass jedem Chaos eine Struktur zu Grunde liegen müsse. „Gemeinden wollen eine Richtung sehen und kein Chaos“, hieß es auf einer Karte.

Gewünscht wurde „mehr spontane Partizipation im Gottesdienst“, etwa durch „spontane Fürbitten“. Außerdem müsse die Kommunikation zwischen den Gemeinden und dem Bistum verbessert werden. Zum Abschluss feierten die Teilnehmer einen Gottesdienst mit Tauferneuerung.

Das Konzept der lokalen Kirchenentwicklung setzt auf Katholiken, die sich in ihren Gemeinden engagieren, weil sie sich als getaufte und gefirmte Christen dazu berufen fühlen. Wie kirchliches Leben von ihnen konkret gestaltet wird, hängt von den lokalen Gegebenheiten ab, die etwa in einem Stadtteil andere sind als in einem Dorf.

 Zu lokaler Kirchenentwicklung gehören der lokale Einsatz für das Gemeinwesen, ebenso neue Formen des Gottesdienstes und der Spiritualität. Priester, Diakone und hauptamtliche pastorale Mitarbeiter unterstützen das Konzept in den Gemeinden. Sie begleiten und fördern vorhandenes und entstehendes Engagement.