Kein billiges Bischofs-Baugeld mehr

Familienwerk des Bistums Hildesheim wird zum Jahresende 2011 eingestellt

Hildesheim (bph) Nach 62 Jahren geht ein Stück Nachkriegsgeschichte des Bistums Hildesheim zu Ende: Bischof Norbert Trelle hat entschieden, das 1949 gegründete Familienwerk des Bistums Hildesheim zum Jahresende aufzulösen. Generalvikar Dr. Werner Schreer nutzte die letzte Sitzung des Vorstandes am heutigen Montagnachmittag, 19. Dezember, um sich für die geleistete Arbeit zu bedanken.

Die Nachkriegszeit war auch im Bistum Hildesheim geprägt von großer Wohnungsnot. Zahlreiche Flüchtlinge aus den ehemaligen Ostgebieten Deutschlands waren ins Bistum gekommen und suchten Wohnraum. Darunter waren auch viele Katholiken. In dieser Situation gründete der damalige Bischof Joseph Godehard Machens das Familienwerk des Bistums Hildesheim mit dem Ziel, Familien zinsgünstige Darlehen für den Bau oder Kauf von Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Aus kleinen finanziellen Anfängen erwuchs durch die Jahrzehnte eine Summe von zuletzt rund 2,4 Millionen Euro, die verliehen werden konnten. Auf Antrag wurden sie Familien im Bistum Hildesheim mit mindestens einem katholischen Elternteil zur Verfügung gestellt. Während in den ersten Jahrzehnten auch Antragsteller mit nur einem Kind gefördert wurden, waren zuletzt mindestens drei Kinder gefordert oder es musste eine besondere Notlage vorliegen, zum Beispiel ein behindertes Kind oder ein erkranktes Elternteil. Gab dann auch noch der jeweilige Ortspfarrer ein positives Votum ab, stand der Auszahlung der Darlehenssumme für Hausbau oder Hauskauf meist nichts mehr im Wege.

Die Konditionen konnten sich sehen lassen. Seit 1949 forderte das Familienwerk die verliehene Summe mit einer Tilgung von jährlich vier Prozent und einer Verzinsung von lediglich einem Prozent zurück. Ulrich Domdey, der Vorsitzende des zuletzt vierköpfigen Familienwerk-Vorstandes, schätzt, dass in 62 Jahren mindestens 6.000 Familien in den Genuss eines solchen zinsgünstigen Darlehens kamen. Zuletzt waren es etwa zehn Anträge pro Jahr, von denen die meisten auch genehmigt wurden. Vermutlich hat das Familienwerk bis heute insgesamt rund 15 Millionen Euro ausgeliehen. „Nach den Vorstandssitzungen, bei denen über die Vergabe beraten wurde, hatte ich häufig sehr dankbare Anrufer in der Leitung“, berichtete Domdey nicht ohne Wehmut nach der letzten Sitzung am Montagnachmittag, bei der noch einmal insgesamt 55.000 Euro für zwei Familien genehmigt wurden.

Dankbare Anrufe dieser Art wird es in Zukunft nicht mehr geben. Das Familienwerk wird zum Jahresende aufgelöst, die zurückgezahlten Kreditgelder fließen dem Bistumshaushalt zu. Generalvikar Dr. Werner Schreer begründet die Auflösung damit, dass die Zahl der Anträge in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesunken und das Niveau für Bauzinsen heute ohnehin sehr niedrig sei. Daher ist es nach den Worten des Generalvikars heute sinnvoller, sich auf anderen Handlungsfeldern für Familien einzusetzen. Schreer dankte den vier verbliebenen Vorstandsmitgliedern für ihren ehrenamtlichen Einsatz: neben Ulrich Domdey sind dies Klaus Kreye, der seit 34 Jahren dabei ist, Bernhard Nebel und Franz-Josef Fehlig. Helmut Stolze, der ehemalige Finanzdirektor des Bistums, war durch Wegzug bereits im September aus dem Vorstand ausgeschieden. Als Dank erhielten die Herren Wein aus den Händen des Generalvikars, Gabriele Willers, die dem Vorstand zugearbeitet hat, einen Blumenstrauß.