Kinder und Frauen sind die Leidtragenden

Der Hildesheimer Bischof Norbert Trelle besuchte im Auftrag der Bischofskonferenz Flüchtlingslager in Jordanien

Im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz besuchte der Hildesheimer Bischof Norbert Trelle zusammen mit dem Vorsitzenden des Rates der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD) Bischof Nikolaus Schneider syrische Flüchtlinge im Norden Jordaniens. Im Flüchtlingslager al-Husn und bei Flüchtlingsfamilien in Amman informierten sich die Kirchenvertreter über die Situation der Menschen, die vor dem Krieg in ihrer syrischen Heimat geflohen sind.

Was ihm die Menschen dort erzählt haben, hat Bischof Norbert Trelle erschreckt: „Ich musste mehr als einmal mit den Tränen kämpfen, besonders dann, wenn Kinder von ihren schrecklichen Erlebnissen berichteten. Sie haben miterleben müssen, wie Menschen ermordet, wie ihr Zuhause zerstört und Angehörige vor ihren Augen getötet wurden.“ Noch immer nimmt ihn das Gehörte mit.

Im Flüchtlingslager besuchten Trelle und Schneider auch das Kinderzentrum – nicht mehr als eine kleine Baracke. „Dort waren Kinder gerade beim Schminken und auch ich habe einem der Kinder neben die syrische noch eine deutsche Flagge gemalt“, sagt Trelle. Die Freude der Kinder sei riesengroß gewesen. „Aber diese Freude kann nicht über das hinwegtäuschen, was die Kinder erlebt haben und in ihren Kinderseelen mit sich herumtragen. Sie sind zutiefst traumatisiert und brauchen – genau wie viele Erwachsene auch – psychologische Hilfe“, berichtet Trelle. Die Kinder haben ihm Bilder geschenkt. Zu sehen sind darauf Panzer, Soldaten und zerstörte Häuser. „Ein Mädchen hat in einem Haus sieben Menschen gemalt und mit einem X durchgestrichen. Sie hat mir erklärt, das seien ihre Cousins gewesen. Sie wurden alle bei einem Angriff getötet“, berichtet der Bischof. Ihm ist anzumerken, wie er innerlich um Fassung ringt: „Der Großteil der Flüchtlinge sind Frauen und Kinder. Auf ihnen liegt die Hauptlast der Flucht. Männer sieht man nur wenige.“

Trelle lernte auch eine Familie kennen, deren Mann durch schreckliche Foltern die Sprache verloren hat. „Das Elend in den Flüchtlingslagern ist groß, trotz der großartigen Hilfe, die unsere kirchlichen Hilfswerke leisten“, sagt Trelle. Ob Verteilung von Nahrungsmitteln, medizinische Versorgung oder die Ausgabe von warmen Decken und kleinen Ölöfen für die bereits kalten Nächte – es wird viel geleistet. „Man merkt, dass es für unsere kirchlichen Mitarbeiter nicht einfach ein Job ist, sondern vielmehr eine Mission, die sie erfüllen“, lobt Trelle das Engagement der Helfer. Zugleich weist er aber daraufhin, dass noch viel mehr Hilfe gebraucht werde – besonders, da der Winter vor der Tür stehe und die Baracken im Flüchtlingslager keinen ausreichenden Schutz vor der Kälte bieten.

Trelle erinnert an die Flüchtlingsgeschichte im Nahen Osten. Seit 1948 gebe es palästinensische Flüchtlingslager, zu denen nun die Flüchtlinge aus Syrien hinzukämen. Nach Schätzungen des Flüchtlingshilfswerks der UN leben circa 6 Millionen Flüchtlinge in der Region.

Die Bischöfe suchten auch den Kontakt zu den christlichen Gemeinden in Jordanien. Das lateinische Patriarchat von Amman engagiert sich stark in der Flüchtlingshilfe. Es hat Gemeindehäuser und das eigene Bildungszentrum zur Verfügung gestellt und versucht, den Menschen zu helfen, die in kleinen Wohnungen ein sehr bescheidenes Unterkommen gefunden haben.

Trelle und Schneider wünschen sich, dass sich die Bundesrepublik Deutschland noch mehr in der Frage der syrischen Flüchtlinge engagiert. „Deutschland muss ein noch deutlicheres Zeichen setzen. 5000 Flüchtlinge sind nicht genug, wir verkraften gut die doppelte Anzahl. Das ist auch keine finanzielle Frage, sondern es geht um die emotionale Bereitschaft, diese Menschen aufnehmen zu wollen“, sagt Trelle. Er weist darauf hin, dass es sich vorrangig um eine Aufgabe des Staates handele, sich aber auch die Kirchen hier noch mehr engagieren können und wollen. „Wir prüfen, wo es von unserer Seite freie Immobilien gibt, die wir diesen Menschen zur Verfügung stellen können“, so der Bischof. Die Quartiere müssen jedoch so gestaltet sein, dass sie die Menschen nicht ausgrenzen, sondern in unsere Gesellschaft mit einbinden. „Eines der größten Probleme der Flüchtlinge ist die Isolierung. Das habe ich in vielen Gesprächen vor Ort erfahren“, berichtet Trelle. Er hat die Immobilienabteilung des Bistums beauftragt, „zu schauen was möglich ist“. Die Schwestern der Congregatio Jesu in Hannover hätten sich schon bereit erklärt, in ihrer Niederlassung eine ganze Etage für syrische Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen. „Das ist doch ein schöner Anfang“, begrüßt Trelle dieses Angebot.


Radiobeitrag zum Jordanien-Besuch des Bischofs


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