Luther als Erneuerer

Dr. Christian Hennecke warf in Wittenberg einen katholischen Blick auf den Reformator

Luther wollte ebenso wenig eine neue Kirche gründen, wie der Heilige Franziskus eine Orden. „Es passierte ihnen einfach“, sagte Dr. Christian Hennecke, Leiter der Hauptabteilung Pastoral im Bischöflichen Generalvikariat Hildesheim. Beide hätten dabei auf ihre Weise die Kirche erneuert. Hennecke sprach am Samstag, 5. August, in der katholischen Pfarrkirche St. Marien in Lutherstadt Wittenberg vor über 50 Zuhörern zur Frage: „Wie sehen Katholiken Martin Luther?“

Institutionen wie die katholische Kirche haben nach Henneckes Aussagen ihre Berechtigung unter anderem als Träger der Tradition. Erneuert habe sich die Kirche jedoch in der Regel durch charismatische Persönlichkeiten, von denen auch Martin Luther eine gewesen sei. Eine Reformation lag 1517 nach Henneckes Überzeugung in der Luft, „die Zeit war mehr als reif für eine solche Erneuerung der Kirche“, sagte der Priester und bezeichnete sie als „charismatisches Geschenk Gottes“.

Vor diesem Hintergrund hat die katholische Kirche laut Hennecke Luther viel zu verdanken, nicht nur den neuen Blick auf die Bibel und ein Verständnis für die gleiche Würde aller Getauften. Die Trennung der Kirchen sei zwar noch immer ein großer Schmerz, so der Hauptabteilungsleiter weiter. Wichtiger als das Trennende ist seiner Ansicht nach aber eine „Ökumene der Sendung“, die mehr auf die gemeinsamen Herausforderungen blickt, als auf die Unterschiede.

Hennecke sprach im Rahmen des Programms „Katholisch in der Lutherstadt“, mit dem die katholische Kirche vom 20. Mai bis zum 10. September 2017 in der Lutherstadt Wittenberg vertreten ist. Dort erinnert die evangelische Kirche in diesem Sommer mit einer „Weltausstellung“ und zahlreichen Veranstaltungen daran, dass Martin Luther im Jahre 1517 95 Thesen an die Tür der Wittenberger Schlosskirche genagelt haben soll und damit die Reformation auslöste. Das Programm „Katholisch in der Lutherstadt“ versteht sich als Teil dieses Reformationsgedenkens und wird im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) von den katholischen Bistümern getragen, die jeweils für einige Tage in der katholischen Pfarrkirche St. Marien in der Lutherstadt vertreten sind. Vom 3. bis zum 7. August hielt das Bistum Hildesheim unter Leitung der Ökumenereferentin Dr. Dagmar Stoltmann-Lukas die Kirchentüre offen und organisierte unter anderem stündliche Andachten und die abendliche Vesper. Dabei erhielt das Bistumsteam Unterstützung von Dommusikdirektor Thomas Viezens, dem Chor der Wolfsburger Pfarrgemeinde St. Christophorus unter Leitung von Dr. Jürgen Ehlers und Regionalkantor Bernhard Schneider mit seiner Tochter Daniela aus Braunschweig.

Dr. Michael Lukas