Meilenstein der Hildesheimer Geschichtsforschung

Nach 13jähriger Arbeit liegen die "Inschriften der Stadt Hildesheim" als Buch vor

Hildesheim (bph) Die Hildesheimer Dombibliothek bekam ein neues Buch – und Hunderte sahen dabei zu. Im Rahmen eines Festaktes übergab die Wissenschaftlerin Dr. Christine Wulf am Freitagabend in der Dombibliothek Bischof Dr. Josef Homeyer und Oberbürgermeister Dr. Ulrich Kumme das zweibändige Werk "Die Inschriften der Stadt Hildesheim". Für die Forschung sind diese Bände von unschätzbarem Wert.

Grabdenkmäler, Glocken, Altarkelche, aber auch Häuserbalken – sie alle wurden über die Jahrtausende immer gerne mit Inschriften und Sinnsprüchen versehen. Das neue Buch "Die Inschriften der Stadt Hildesheim" trägt auf rund 900 Seiten diese schriftlichen Zeugnisse aus dem Hildesheim des 8. Jahrhunderts bis zum Jahre 1650 zusammen. Aufgenommen wurden nicht nur die im Original erhaltenen Inschriften, sondern auch jene, die nur noch in älteren Abschriften oder auf Photographien vorliegen.

Schwerpunkt der mittelalterlichen Überlieferungen sind die Inschriften des Bischofs Bernward aus dem frühen 11. Jahrhundert und Texte auf den Kunstschätzen der Hildesheimer Kirchen. Aus der frühen Neuzeit sind besonders die Inschriften an den Hildesheimer Bürgerhäusern interessant. Viele dieser im Krieg zerstörten Inschriften wurden auf der Basis älterer Quellen aufgeführt.

Typisch für das frühe Mittelalter sind Jahreszahlen auf den Fachwerkbalken. Die früheste überlieferte Jahreszahl stammt aus dem Jahre 1418. Später kamen Sprichwörter hinzu und fromme Sinnsprüche, bis im ausgehenden 16. Jahrhundert lateinische Texte Mode wurden. "In Hildesheim gab es mehr solcher gelehrter Hausinschriften als in anderen Städten", hat Germanistin Wulf während ihrer 13jährigen Arbeit an diesem riesigen Werk beobachtet. Die Hildesheimer seien aber nicht unbedingt schlauer gewesen als Bürger anderer Städte, fügt sie schmunzelnd hinzu; denn "als Latein und Antike groß in Mode waren, hat man in Hildesheim zufällig mehr Häuser gebaut als anderswo".

In den Augen von Bischof Dr. Josef Homeyer dokumentieren diese Häuserinschriften mit ihren meist religiösen Bezügen, dass die Hildesheimer über die Jahrhunderte ihr Werk auf Gott gesetzt haben. Seit er dieses Werk gelesen habe laufe er mit ganz anderen Augen durch die Stadt, bekannte Homeyer. "Ein glücklicher Tag für das Bistum und für die Stadt Hildesheim", so der Bischof in seinem Grußwort. Oberbürgermeister Dr. Ulrich Kumme betonte die geschichtliche Bedeutung dieses Grundlagenwerkes. Es werde die Forschung über Hildesheim deutlich erleichtern, zeigte sich der Oberbürgermeister überzeugt. Grußworte sprachen auch Prof. Dr. Gustav Adolf Lehmann, Vizepräsident der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, und Prof. Dr. Ulrich Schindel, Vorsitzender der Inschriftenkommission.

Das Buch "Die Inschriften der Stadt Hildesheim" erscheint in der Reihe "Die deutschen Inschriften", die von den Deutschen Akademien der Wissenschaften und von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien herausgegeben wird als 58. Band. Die Göttinger Arbeitsstelle der Inschriftenkommission erfasst die Inschriften im Bundesland Niedersachsen. Bislang hat sie in zehn Bänden unter anderem die Bestände von Göttingen, Hannover und Braunschweig vorgelegt. Eine Greifswalder Arbeitsstelle ist für die Inschriften des Landes Mecklenburg-Vorpommern zuständig. Das Buch ist ab 14. November im Buchhandel erhältlich.

Info:
"Die Inschriften der Stadt Hildesheim" (Die deutschen Inschriften, Band 58, Göttinger Reihe 10. Band), gesammelt und bearbeitet von Christine Wulf, Dr. Ludwig Reichert-Verlag, Wiesbaden 2003, 900 Seiten, 80 Tafeln mit 184 Abbildungen, Leinen mit Schutzumschlag, zwei Teilbände im Schuber, ISBN 3-89500-327-1, Euro 99,-