Optimismus als Grundakkord des Lebens

Weihbischof Hans-Georg Koitz feiert 75. Geburtstag und geht in Ruhestand

Hildesheim (bph) Kreta verliert einen Bischof! Hans-Georg Koitz, Weihbischof in Hildesheim, Domdechant und somit Mitglied des Domkapitels, feiert am Ostersonntag, 4. April, seinen 75. Geburtstag und wird am 1. Mai um 10.30 Uhr in der Basilika St. Godehard mit einem Festgottesdienst in den Ruhestand verabschiedet. Damit gibt Koitz zeitgleich seine Ämter auf – und verliert das Bistum Cantano auf der Mittelmeerinsel, dessen Bischof er formal fast 18 Jahre lang war. Als emeritierter Weihbischof hätte Koitz bald Zeit, „sein“ Bistum auf Kreta zu besuchen, das allerdings längst nicht mehr existiert.

Es ist guter Brauch in der katholischen Kirche, dass der Papst Weihbischöfen formal ein Bistum verleiht, das irgendwann in den letzten zwei Jahrtausenden untergegangen ist. Hans-Georg Koitz wurde bei seiner Bischofsweihe am 25. Oktober 1992 offiziell auch Bischof einer Stadt, die im Zweiten Weltkrieg vor allem durch ein Kriegsverbrechen bekannt wurde: Die Deutschen zerstörten am 3. Juni 1941 die kretische Stadt Kandanos (Cantano) als Vergeltung für einen Partisanenangriff.

Hass, Vergeltung, Zwietracht – wer Hans-Georg Koitz kennt, der weiß, dass ihm diese Einstellung völlig wesensfremd ist. Sein Thema heißt Versöhnung! Der jung gebliebene Weihbischof ist am Hildesheimer Domhof bekannt für sein ausgleichendes Wesen, mit dem er widerstreitende Interessen immer wieder zueinander geführt und tragfähige Kompromisse gefunden hat.

Ein Charakterzug, der ihm bei seinen vielfältigen Aufgaben half. Als Diözesanadministrator hat Hans-Georg Koitz nach der Emeritierung von Bischof Dr. Josef Homeyer 2004 bis zur Einführung von Bischof Norbert Trelle 2006 das Bistum geleitet und musste in diesen eineinhalb Jahren wegen der schwierigen finanziellen Lage manche unangenehme Entscheidung treffen. Als Domdechant und Chef des Domkapitels schließlich stand Koitz vor der schwierigen, aber auch reizvollen Herausforderung, die Sanierung des Hildesheimer Doms anzustoßen. Am 10. Januar 2010 hat der Weihbischof die Türen zum Dom offiziell geschlossen, öffnen wird sie ein anderer. „Das schmerzt mich ein wenig“, gibt der Jubilar freimütig zu, „aber ich weiß, dass die Sanierung unseres Doms in guten Händen ist.“

Koitz kann die Hildesheimer Bischofskirche aber auch in Zukunft im Blick behalten – buchstäblich. Denn seine Wohnung gegenüber dem Dom wird der Weihbischof zunächst behalten und auf Wunsch von Bischof Norbert Trelle bis zur Weihe eines Nachfolgers unter anderem noch Firmtermine im Bistum wahrnehmen. Als „Emeritus“ mit dem offiziellen Titel „Weihbischof em.“ darf Hans-Georg Koitz es aber ansonsten bald ruhiger angehen lassen als bisher. Konferenzen und Tagungen werde er nicht vermissen, glaubt der angehende Ruheständler. Schade findet er jedoch, dass er auch seine Mitgliedschaft in den Kommissionen „Geistliche Berufe und Kirchliche Dienste“ und „Erziehung und Schule“ in der Deutschen Bischofskonferenz aufgeben muss. Gerade in der erstgenannten Kommission hat Koitz seine langjährige Erfahrung als Regens des Hildesheimer Priesterseminars einbringen können. In einer „guten Arbeits- und Beziehungsatmosphäre“ trug der Hildesheimer Weihbischof gemeinsam mit anderen deutschen Bischöfen immer wieder zur Überarbeitung der Priesterausbildung bei. Vor dem Hintergrund der Missbrauchsskandale meint Hans-Georg Koitz: „Schade, dass ich aus diesen Kommissionen aussteigen muss“.

An Langeweile wird der Weihbischof dennoch nicht leiden. Vernachlässigte persönliche Beziehungen will Koitz wieder aufleben lassen, endlich einmal länger in Urlaub fahren. Der Osten Deutschlands soll entdeckt und erwandert werden. Ob ihn seine Füße dabei auch bis Cantano tragen, das er nie gesehen hat? „Dieser Ort ist heute orthodox geprägt“, weiß Koitz und schmunzelt: „Dort gibt es keine römisch-katholischen Katholiken und darum nichts zu tun für mich!“

Der Weihbischof ist mit sich im Reinen, blickt zuversichtlich in seine persönliche und die Zukunft seiner Kirche. Optimismus hat sich wie ein „Grundakkord“ durch sein Leben gezogen. Bis heute kann der angehende Jubilar nicht verstehen, warum so viele Menschen resignieren und sich zurück ziehen. „Ich musste als Kind im Krieg um mein Überleben kämpfen“, blickt Koitz zurück, „resignierte Menschen machen mich traurig“. Koitz erinnert sich aber auch an viele Begegnungen mit jungen Menschen, deren Offenheit und Nachdenklichkeit ihn beeindruckten. „Wir haben einen gewaltigen Schatz großartiger Menschen bei uns im Bistum“, lobt der Weihbischof, „darum können wir im Vertrauen auf Christus beruhigt nach vorne schauen.“

Hans-Georg Koitz wurde am 4. April 1935 in Striegau/Schlesien geboren. Nach der Vertreibung 1946 fand die Familie ein neues Zuhause in Salzgitter-Bad, wo Hans-Georg Koitz am Gymnasium für Jungen das Abitur ablegte. Zum Studium der Philosophie und Theologie zog es ihn an die Jesuitenhochschule Sankt Georgen in Frankfurt/Main und nach München. Am 30. Juni 1962 weihte ihn der damalige Hildesheimer Bischof Heinrich Maria Janssen zum Priester.

Seine Kaplansjahre verbrachte der Jungpriester von 1962 bis 1965 als Präfekt des Schüler-Kollegs Niels-Stensen in Hannover und in der Gemeinde St. Elisabeth. Zwei Jahre lang unterrichtete Koitz danach an einem bischöflichen Gymnasium in der nigerianischen Diözese Jos Religion, Latein und Mathematik und übernahm dort die alltäglichen Aufgaben eines Priesters in der Pfarrseelsorge. Dafür schlug er sogar die geplante Berufung zum „Bischöflichen Geheimsekretär“ Janssens aus. Gelernt hat er in Afrika „wie man ein Leben in Einfachheit führen kann.“ Oft genug war der junge Missionar bei seinen Fahrten übers Land auf sich alleine gestellt. „Zwei Ersatzreifen hatte ich im VW-Käfer immer dabei“, erinnert Hans-Georg Koitz sich heute. Die afrikanische Erfahrung hat auch seinen „Blick für die Vielfalt katholischen Glaubens“ gestärkt. Fast wehmütig denkt er an die tanzenden Menschen Nigerias zurück, bei denen jeder Gottesdienst zu einem emotionalen Gesamtkunstwerk aus Musik, Tanz und Gesang geriet.

1967 kehrte er nach Deutschland zurück und wurde Religionslehrer am Bischöflichen Gymnasium Josephinum in Hildesheim. Auch das kein ruhiger Dienst. „Die 68er standen an“, erklärt der Weihbischof. Diskutieren, Infragestellen, Provozieren. Keine einfache Zeit für einen Lehrer. „Wir mussten eine unglaubliche Flexibilität und Kreativität an den Tag legen.“ Koitz hat vieles mitgemacht, dabei aber mit seiner priesterlichen Kleidung immer Flagge gezeigt.

1974 bis zu seiner Bischofsweihe am 25. Oktober 1992 war Hans-Georg Koitz Regens des Bischöflichen Priesterseminars in Hildesheim. In diesen 18 Jahren hat er verschiedene „modische Wellen“ von Priesterkandidaten erlebt. Da war die sozialpolitische Welle, dann kamen jene, die sich als Konfliktbegleiter und Psychologen verstanden. Und schließlich die „religiös Introvertierten“. All diese unterschiedlichen Erfahrungen hat Hans-Georg Koitz mit eingebracht in seinen Dienst als Weihbischof und so die Geschichte des Bistums von Hildesheim mit geprägt.