Pfeifen-Puzzle für Orgel-Experten

Die Stockmann-Orgel in der Hildesheimer St. Antoniuskirche wird abgebaut

Hildesheim (bph) Die Stockmann-Orgel in der Hildesheimer St. Antoniuskirche bläst zum Aufbruch. Noch bis zum Samstag bauen Experten des Orgelbauers Seifert & Sohn aus Kevelaer das Instrument ab und bringen es nach Neviges. In der dortigen Wallfahrtskirche soll die „Königin der Instrumente“ im nächsten Jahr erklingen.

Es ist ein Job für Experten mit großem Fachwissen – und einem Faible für Puzzle-Spiele! Jede Orgel besteht aus Hunderten von Pfeifen und auch das Gehäuse ist aus zahlreichen Holzteilen zusammen gebaut. Gibt es dafür irgendwo einen Plan für den Ab- und Aufbau? „Hier in meinem Kopf“, schmunzelt Stefan Raeth. Seit Dienstag ist der Montageleiter von Seifert & Sohn mit seinen Kollegen Franz-Josef Grundmann, Günter Redepenning und Jasper Risse in Hildesheim, um Tausende von Teilchen einzeln abzubauen, in Kisten zu verpacken und nach Neviges zu transportieren. Natürlich werde man die wichtigsten Teile beschriften, beruhigt Raeth, aber am Ende benötige man eben doch eine Menge Erfahrung, um das Holzgehäuse samt tönendem Innenleben wieder richtig zum Klingen zu bringen.

Einen Tag haben sich die gestandenen Orgelbauer gegeben, um die rund 2.000 Pfeifen abzubauen. Mit einem kleinen Lastenaufzug wurden sie am Dienstag von der Empore herunter gebracht und mit viel Schaumstoff in Kisten verpackt. Drei- bis vier Mal werde der Laster damit zur Wallfahrtskirche „Maria Königin des Friedens“ fahren müssen, schätzt Raeth. Danach wird das Holzgehäuse zerlegt. In den 70er Jahren, als die Stockmann-Orgel entstand, habe man noch viel geschraubt und gesteckt, freut sich Raeth. Heutzutage würden Orgelgehäuse meist verleimt. „Da muss man beim Abbau mit der Säge ran“. Das bleibt der ehemaligen Ausbildungsorgel der Hildesheimer Dommusiker wohl erspart.

Die Dommusiker dürften ihre ehemalige Orgel übrigens in Neviges kaum wiedererkennen. Äußerlich bleibt sie zwar die gleiche. Aber das Innenleben wird buchstäblich aufgepumpt. Die Wallfahrtskirche „Maria Königin des Friedens“ ist nämlich um einiges größer als die Antoniuskirche neben dem Hildesheimer Dom. Darum werden die Orgelbauer von Seifert & Sohn das Luftgebläse für die Pfeifen verstärken, damit sie voller klingt und die Kirche füllen kann. Außerdem wird die mechanische Verbindung zwischen Spieltisch und Pfeifen quasi „elektrifiziert“. Dafür muss der Spieltisch in der Werkstatt der Orgelbauer in Kevelaer zunächst umgebaut werden. Statt Holzstäbchen werden danach Elektrodrähte zum Orgelgehäuse führen. Dafür kann der Spieltisch dann verschoben werden – ein großer Vorteil in einer Wallfahrtskirche, in der oft Chöre gastieren. Zunächst aber bekommen die Gläubigen in Neviges nur das leere Gehäuse der Hildesheimer Orgel zu sehen, denn die Pfeifen werden aus Zeitgründen erst im kommenden Jahr wieder eingebaut. Wann die ehemalige Hildesheimer Antonius-Orgel dann erstmals für „Maria Königin des Friedens“ erklingt, steht noch nicht fest.

Die Stockmann-Orgel in der Antoniuskirche wurde im Jahre 1976 von der Orgelbaufirma Stockmann in Werl gebaut. Sie ersetzte damals eine Vorgängerorgel, die im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde. Die Stockmann-Orgel verfügt über zwei Manuale mit 25 Registern und wurde im Jahre 2001 überholt. Das Bistum Hildesheim hat die Orgel vor wenigen Monaten für 50.000 Euro an das Erzbistum Köln verkauft, auf dessen Gebiet Neviges liegt. Der Verkauf steht im Zusammenhang mit der Domsanierung. In die ehemalige Antoniuskirche, die bereits profaniert wurde, zieht bis 2014 das neue Dom-Museum ein.