Schwarz auf Steinweiß

Nach 40 Jahren hat man eine beschriftete Steintafel in der Domkrypta gefunden

Hildesheim (bph) Am 9. Dezember 1971 wurden die Vereinigten Arabischen Emirate Mitglied der Vereinten Nationen, der russische Bildhauer Sergey Konenkov starb – und in der Krypta des Hildesheimer Doms beschriftete ein junger Steinmetzlehrling eine Steinplatte und legte sie in den neuen Altar der Domkrypta. Jetzt, nach fast 40 Jahren, wurde die Platte wieder gefunden, und Wolf-Peter Dräger, der einstige Schreiber, auch!

„A.D. 9.12.1971. In den Monaten November, Dezember 1971 wurde in der Krypta ein neuer Fußboden verlegt und ein Altar aufgestellt. Die Arbeiten wurden von der Firma W. Dräger ausgeführt.“ Die Schrift ist sauber und sieht aus, als wäre sie gestern geschrieben. Der damalige Schreiber aber ist heute vier Jahrzehnte älter als damals: Mit den Gesellen Paul Heinrich und Horst Sarstedt sowie einem „ausgeliehenen“ Fliesenleger hat Wolf-Peter Dräger damals in der Firma seines Vaters Willi Dräger im Auftrag des Bistums in der Krypta gearbeitet und eine Nische als spätere Grablege des damaligen Bischofs Heinrich Maria Janssen ausgemauert. Warum die Krypta 1971, gerade einmal zehn Jahre nach der Wiedereinweihung des Doms, schon einen neuen Altar brauchte, lässt sich heute nicht mehr genau klären. Vermutlich war der Boden feucht und der Altar musste deswegen abgebrochen werden, vermutet Dr. Helmut Brandorff, der die Steinplatte gefunden hat, als der jetzige Altar im Rahmen der Domsanierung vor wenigen Wochen wiederum abgebrochen wurde.

Zwei Wünsche, die der damals 18jährige Steinmetzlehrling Dräger auf die Rückseite der Steinplatte schrieb, sind jedenfalls in Erfüllung gegangen: Möge der neue Altar länger halten als der alte, so hatte er 1971 geschrieben. Und falls seine Platte jemals gefunden würde, solle man ihn benachrichtigen. Mit gut 40 Jahren ist der bisherige Altar auch nicht sehr alt geworden, aber immerhin. Und selbstverständlich war es Ehrensache, dass Dr. Brandorff nach Wolf-Peter Dräger recherchierte, als er beim Abheben der Altarplatte im Inneren des Altarfußes die beschriebene Platte fand. „Das war ein berührender Moment“ erinnert sich Brandorff. Dräger selbst hat keine Erinnerung mehr an den Tag, als er zum Fettstift griff. Er habe das aber auf anderen Baustellen schon öfter gemacht, erzählt er dann. Bislang habe sich aber noch nie jemand bei ihm mit einem solchen Fundstück gemeldet.

Wolf-Peters Vater Willi, der das Baugeschäft damals leitete, lebt längst nicht mehr, auch die beiden Gesellen sind tot und das Unternehmen selbst ist mehrfach umgezogen. Inzwischen leitet Wolf-Peter als Chef das Unternehmen an seinem Standort in Groß-Düngen. Vielleicht hält der neue Altar, der nach der Domsanierung in der Krypta eingebaut werden soll, dann doch einmal länger als nur einige Jahrzehnte.