Soziale Gerechtigkeit braucht Gegenseitigkeit

Altbischof Dr. Josef Homeyer sprach beim dritten "Neujahrsdialog" des ver.di-Ortsvereins Hildesheim

Hildesheim (bph) Überhöhte Gehälter und Abfindungen sind nach Ansicht des emeritierten Bischofs von Hildesheim, Dr. Josef Homeyer, in der gegenwärtigen gesellschaftlichen Situation skandalös. Sie verletzen das Empfinden für soziale Gerechtigkeit, sagte Homeyer unter dem Titel "Das Soziale neu denken" am Samstag beim "Neujahrsdialog" des ver.di-Ortsvereins Hildesheim.

"Menschen, die mit jedem Cent rechnen müssen, verstehen einen Partei-Generalsekretär, aber auch Abgeordnete nicht mehr, die offenbar die Übersicht über ihre Einkünfte verloren haben," sagte der emeritierte Bischof mit Blick auf die umstrittenen Nebengehälter verschiedener Politiker. In diesem Zusammenhang beklagte Homeyer unter großem Beifall, dass sich große Kapitalgesellschaften zunehmend aus der Verantwortung für das Gemeinwesen verabschieden um durch Standortverlagerungen ihre Gewinne optimieren zu können.

Sozial gerecht sei es allerdings auch nicht, den Sozialstaat als reines Werkzeug der Umverteilung von Geldmitteln zu betrachten, so Homeyer, der bis zu seiner Emeritierung im August 2004 die "Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen" der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) leitete und in dieser Eigenschaft maßgeblich das Impulspapier "Das Soziale neu denken" der Deutschen Bischöfe mitgestaltete. Jeder Einzelne müsse nach seinen jeweiligen Möglichkeiten zum Gemeinwohl beitragen und Solidarität üben. Dazu müsse er aber befähigt werden, und das sei Aufgabe des Sozialstaates. Die besondere Zuwendung des Staates und der Kirchen müsse daher den Schwachen und Bedürftigen gelten, müsse "den Stummen eine eigene Stimme leihen und den Ärmsten ein menschenwürdiges Leben ermöglichen."

Homeyer erntete für seine Ausführungen viel Beifall und stieß bei den Gewerkschaftsvertretern auf große Zustimmung. Roland Brunke, Vorsitzender des ver.di-Ortsvereins Hildesheim, der den "Neujahrsdialog" nun zum dritten Mal veranstaltete, bedankte sich bei Bischof Homeyer mit einem großen Weinpräsent.