Vom Dunkel ins Licht – und zurück

Die archäologischen Grabungen in der Hildesheimer Antoniuskirche sind beendet

Hildesheim (bph) Es ist ein wahrhaft historischer Moment. Am kommenden Montag, 7. Februar, werden Bagger die archäologischen Ausgrabungen in der Hildesheimer Antoniuskirche einreißen und damit ein Stück Hildesheimer Bistumsgeschichte unwiederbringlich zerstören. Die Archäologen waren daher gezwungen, am heutigen Freitag ihre Forschungen einzustellen. Immerhin haben sie in den letzten eineinhalb Jahren wertvolle Erkenntnisse über den historischen Gunthardom gewonnen und etwa 40 Skelette ausgegraben.

Schäufelchen für Schäufelchen haben sich die Wissenschaftler, darunter auch Studenten, in den letzten eineinhalb Jahren unter der Projektleitung von Diözesankonservator Prof. Dr. Karl Bernhard Kruse in die Vergangenheit vorgegraben – bis zu 3,50 Meter tief! Im Kirchenschiff der profanierten Antoniuskirche legten sie auf einer Fläche von etwa 150 Quadratmetern Fundamente verschiedener Vorgängerbauten frei. Etwa 450 Kubikmeter Abraum seien in dieser Zeit entfernt worden, schätzt Dr. Helmut Brandorff, der örtliche Grabungsleiter.

Das Ergebnis war die Mühe wert, wie Kruse und Brandorff am Freitag zum Abschluss der Arbeiten gegenüber der Presse sagten. So weiß man jetzt einiges mehr über jenen Dom, den Bischof Gunthar in den 20er Jahren des 9. Jahrhunderts, also kurz nach der Gründung des Bistums, dort bauen ließ. Schon 1988 und 1992 hat Kruse bei verschiedenen kleineren Grabungen in der Kirche und dem angrenzenden Leunishof des Gymnasiums Josephinum Fundamente gefunden, die er als Reste des Gunthardoms deutete. Diese Vermutungen haben sich nun bestätigt. Außerdem weiß man dank der fleißigen Helfer nun auch, dass dieser Dom einst 14 Meter breit war und die Fundamente eine Dicke von 1,4 bis zwei Metern aufwiesen. Freigegeben hat die Erde auch Reste eines karolingischen Kreuzgangs im Norden des Gunthardoms. Vermutlich wandelten dort bis ins 15. Jahrhundert Chorherren, bevor die heutige Antoniuskirche gebaut wurde, die nun selbst wiederum zum Dom-Museum umgebaut wird.

Inzwischen ist auch sicher, dass der Gunthardom keine halbrunde Ostapsis hatte, sondern im rechten Winkel abschloss. Vermutlich wurde der Chor zum Kirchenschiff mit einem steinernen Triumphbogen abgeschlossen. Darauf lassen entsprechende Fundamentreste schließen. Sobald südlich der Kirche die neue Fernwärmeleitung vom Hückedahl zum Domhof verlegt wird, will Kruse auch dort graben, um weitere Details des Gunthardoms zu erforschen.

Entdeckt haben Kruse und Brandorff mit ihren Fundamentgräberinnen und -gräbern aber auch etwa 40 Skelette, vermutlich aus dem 17. bis 19. Jahrhundert. Die sterblichen Überreste werden nun im Fachbereich Biologie der Universität Hildesheim genauer untersucht. In etwa zwei Jahren kann man dann vielleicht genauer sagen, welchen Geschlechts die einzelnen Skelette sind, wie die Menschen sich damals ernährt haben und woran sie starben.

Am Montag nun rollen Bagger an, brechen die neuzeitliche Orgelempore und die Heizungskanäle ab, um die Fundamente für das neue Dom-Museum legen zu können. Der historische Untergrund der Antoniuskirche wird dann für immer im Dunkel verschwinden.