Wem gehört der Tod?

Diözesanrat der Katholiken sprach beim Ökumenischen Kirchentag über den Tod

München (bph) Darf ein Christ sich umbringen? Gibt es eine Pflicht zu leben? Fragen, auf die es keine einfachen Antworten gibt – und die auch niemand gab bei der Podiumsdiskussion „Wem gehört der Tod?“ am vergangenen Samstag beim Ökumenischen Kirchentag (ÖKT) in München. Der Diözesanrat der Katholiken im Bistum Hildesheim hatte dazu zwei Theologen an die Isar eingeladen.

Niemand kennt den Tag, keiner die Stunde seines Todes – so heißt es oft. Doch stimmt das noch in einer Gesellschaft, die sich Selbstverwirklichung und Selbstbestimmung auf die Fahnen geschrieben hat? Mit der Metapher vom „Leben als Geschenk Gottes“ habe er seine Schwierigkeiten, bekannte dazu Prof. Dr. Ulrich Körtner, Systematischer Theologe aus Wien. Ein Geschenk gehöre schließlich dem Beschenkten, sagte der Wiener, ohne damit der freien Verfügbarkeit des eigenen Lebens das Wort reden zu wollen. Aber man müsse sich schon fragen, so spann er den Gedanken weiter, wie sehr man dem Willen Gottes am Lebensende wirklich Raum gebe. Schließlich sei die gesamte Medizin ein Eingriff in den Willen Gottes. „Bei einer Lungenentzündung sagen wir auch nicht: der Herr hat es so gewollt, sondern behandeln selbstverständlich“, so brachte es der Theologe auf den Punkt.

Für Körtner besteht die entscheidende theologische Herausforderung darin, das Verhältnis von Ergebung in den Willen Gottes und Widerstand dagegen immer wieder neu zu bestimmen – und zwar zwischen jedem Einzelnen und Gott. „Ergebung in den Herrn kann auch heißen, sich ihm zu widersetzen und Verantwortung heißt auch Überantwortung an Gott.“ Dies könne man immer nur aus der Situation heraus entscheiden.

Der „souveräne und autonome Tod“ ist nach Ansicht von Prof. Dr. Hille Haker, einer katholischen Theologin aus Frankfurt am Main, ein Mythos. Mit ihrem evangelischen Kollegen war sie sich einig, dass letztlich jeder Mensch für sich alleine stirbt und dass man diesen Tod nicht planen dürfe – zumindest nicht für andere Menschen. In Bezug auf sich selbst spricht sie lieber von einer „Selbstsorgeethik“. Diese beinhalte keineswegs die Pflicht zu leben, aber daraus dürfe man noch lange nicht ein Recht auf Suizid ableiten, stellte sie klar. Denn sonst gäbe es auch ein Recht auf Beihilfe zum Selbstmord und dies sei nicht möglich.

Haker plädierte in München für ein neues Nachdenken über den Tod und vor allem die Bedingungen des Sterbens. So müsse man sich etwa über Fragen der Architektur, zum Beispiel in Krankenhäusern, und damit letztlich auch über Geld unterhalten, so die Theologin.

Zu der Podiumsdiskussion „Wem gehört der Tod?“ kamen rund 200 Zuhörer in den voll besetzten Raum „Black Box“ des Münchner Kulturzentrums „Gasteig“. Die Diskussion wurde moderiert von Friederike Sittler, Journalistin des rbb.