Mein Weg zu Gott …

Wo fängt er an – wann hört er auf? 

Wege werden zu Straßen, manche entpuppen sich als Einbahnstraßen, oder haben Kreuzungen und Ampeln, erfordern Entscheidungen, Navigation und zumindest rudimentäre Kenntnis der Strecke, manchmal ist man zu schnell unterwegs und es blitzt, manchmal kommt man nicht voran, auch wenn die Straße vierspurig ist und von guter Qualität, man überholt und verliert aus den Augen, man wird überholt, abgedrängt oder falsch geleitet …

Der Weg des Glaubens ist vorgezeichnet, lässt aber viel Spielraum zum individuellen Fahren, manchmal zu viel?

Ich bin von meinen Eltern in der Freiheit, den eigenen Glauben entwickeln zu können, mit Werten ausgestattet worden. Mein Lebensweg hat mich mit und in der katholischen Kirche sozialisiert: Messdiener, Gruppenleiter, Lektor, Kommunionhelfer, Leiter von Wort-Gottes-Feiern, Pfarrgemeinderat, Kirchenvorstand und Vor-Ort-Team gemeinsamer Verantwortung, Notfallseelsorger und Beerdigungsleiter – typisch katholisch?

Nein, sicher nicht typisch: Es hat sich entwickelt aus dem anfänglichen Unverständnis der Mitschüler:innen ob diesen Weges, aus den Fragen der Freundinnen und Freunde, den vielen positiven Erlebnissen mit Messdienerfahrten, Pilgertouren und Kirchentagen, Exerzitien und Studien, der Musik; meiner eigenen Suche und in der vielfältigen Begleitung von Suchen anderer, den erlebten Erfahrungen in Notsituationen – privat und in der Feuerwehr. Dabei immer auf Kurs zu bleiben, das war und ist nicht leicht. Glaube(n) ist nicht leicht. Glauben heißt: Die Unbegreiflichkeit Gottes ein Leben lang auszuhalten (Karl Rahner).

Aber immer an den Kreuzungen, den Einbahnstraßen, den Stopp-Schildern, nach dem Blitzer und vor der Bergkuppe – da vertraue ich auf Gott, JHWH, da ist er da. Ich spüre ihn einfach. Obwohl er ja nicht nur für mich da ist, ist er ganz nah bei mir, oder er schickt Menschen, die das für ihn tun: gute Gesprächspartner für wenige Augenblicke, auf dem Platz neben mir im ICE, meine Frau und unsere Kinder für das Leben insgesamt. Diese Kraft kennt nur der, der sie erlebt und erkennt, aus ihr leben zu können.

Wenn ich mit ihm spreche, dann kann ich das im vorgegebenen Gebet tun, oder im auch mal sehr emotionalen Gespräch. Gott antwortet, nicht immer sofort und nicht immer so, wie ich mir das wünsche. Er trägt mich an den schwierigen Stellen meines Lebens, er sendet seine Engel – das sind dann oft Menschen, deren Flügel man erst beim Abflug erkennt – „dass mein Fuß nicht an einen Stein stoße“.

Und: Glaube fordert auf, selbst mitzugestalten, mitzudenken, mal als Einzelkämpfer, mal im Team. Glaube ist niemals fertig, der Weg niemals zu Ende, das Ziel immer hinter der nächsten Kurve und nicht auf direktem Weg erreichbar. Ich gehe diesen (Lebens-)Weg – und ich muss das nicht alleine tun. Es gibt Menschen, die mitgehen – manche ein kurzes Stück, manche ein Leben lang, und es gibt Gott. Er wirkt an mir, mit mir und durch mich. Und das ist der beste Lebenskraftstoff, den es gibt.

Hilko Gatz
Jahrgang 1968, verheiratet, zwei Kinder