Ökumene im Horizont der Lokalen Kirchenentwicklung

Perspektiven für eine gelingende Zusammenarbeit vor Ort

Im Bistum Hildesheim wurde vor einigen Jahren der Prozess der „Lokalen Kirchenentwicklung“ angestoßen. Ein Grundsatz dieser Lokalen Kirchenentwicklung besteht darin, vor Ort zu ergründen, wie und wo das Engagement von Christen gebraucht wird, damit Menschen in ihrer Trauer und Angst, ihrer Freude und Hoffnung nicht allein sind.

Ermöglicht wird diese Gemeinschaft unter den Menschen durch die allen zuvorkommende Liebe Gottes. Sie ist durch die Zuwendung Jesu Christi zu den Menschen unüberbietbar Wirklichkeit geworden: „Wie mich der Vater geliebt hat, so habe ich euchgeliebt. Bleibt in meiner Liebe.“ (Joh 15,9)

Auch heute wird die Liebe Christi erfahrbar, wenn seine Jüngerinnen und Jünger – über die Grenzen der Konfessionen hinweg – Gemeinschaft miteinander haben. Die Liebe Christi drängt sie zugleich, sich den Menschen in ihrer Umgebung zuzuwenden: „Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.“ (Joh 20,21)

Eine Ökumene als Gleichnis der Einheit und eine Ökumene als Dienst an den Menschen, als Auftrag zur Sendung korrespondieren miteinander. Solche Ökumene ist kein Selbstzweck. Sie bezeugt vielmehr Jesus Christus selbst vor der Welt. Denn es heißt im Johannesevangelium „Alle sollen eins sein: Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein, damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast.“ (Joh 17,21)

Eine Ökumene der Sendung kann zu einer Erweiterung der Vernetzungs- und Wirkungsmöglichkeiten führen: Auch jenseits der Grenzen der eigenen Konfession gibt es Geschwister im Glauben, mit denen Gottesdienst gefeiert, Ideen entwickelt und gemeinsam gehandelt werden kann. Das kann sich in drei verschiedenen Formen konkretisieren:

  • kooperative Ökumene (Wir machen etwas gemeinsam)
  • arbeitsteilige Ökumene (Du machst das Eine, ich das Andere)
  • stellvertretende Ökumene (Du übernimmst etwas ausdrücklich im Namen aller).

Wenn Pfarrgemeinden oder Initiativen vor Ort solche Möglichkeiten, sich zu vernetzen oder aktiv zu werden, nutzen, rückt Ökumene in ihr wahres Licht. Ökumene steht nicht mehr in Gefahr zur Zusatzbelastung zu werden. Konsequentes ökumenisches Miteinander führt mittelfristig sogar zu Entlastung, Bereicherung und steigert die Glaubwürdigkeit der Verkündigung.

Kooperative Ökumene

Beispiele für eine kooperative Ökumene können das regelmäßige gemeinsame Gebet während der Woche in einer der Kirchen vor Ort sein, ein ökumenischer Stadtpilgerweg, die Feier eines ökumenischen Schöpfungstages oder ein ökumenischer Glaubenskurs. Zur kooperativen Ökumene gehört auch die gemeinsame Nutzung kirchlicher Gebäude.

Arbeitsteilige Ökumene

Zur arbeitsteiligen Ökumene können besondere Gottesdienste gezählt werden, die zwar in bzw. von einer Gemeinde angeboten, zu denen aber ausdrücklich alle Christen der Stadt / des Ortes eingeladen sind. Als Beispiel seien hier Taizé-Gottesdienste oder Passionsandachten an besonderen Orten genannt. Auch die Öffentlichkeitsarbeit (Einladungen zu Veranstaltungen und Gottesdiensten, ökumenische Gemeindebriefe/Internetportale) kann arbeitsteilig vorgenommen werden.

Stellvertretende Ökumene

Stellvertretende Ökumene bietet sich beispielsweise beim Sprechen von Grußworten zu gesellschaftlichen Anlässen an. Auch die Leitung eines Einschulungsgottesdienstes oder die Lobbyarbeit und Interessenvertretung gegenüber politischen und gesellschaftlichen Institutionen kann stellvertretend für mehrere Konfessionen geschehen.

Veränderungen pastoraler Strukturen und Rollen

Die Zahl der Hauptamtlichen und Hauptberuflichen im pastoralen Dienst im Bistum Hildesheim nimmt ab, was dazu führt, dass die Hauptamtlichen/Hauptberuflichen mehr und mehr im Team und überpfarrlich eingesetzt werden (Pastoralteam). Dieser veränderte Personaleinsatz hat deutliche Auswirkungen auf die Ökumene, besonders auf die Zusammenarbeit mit evangelischen Pastoren und Pastorinnen. Aufgrund der Vielzahl der zu betreuenden Pfarreien wird es für das Pastoralteam nicht mehr möglich sein, die ökumenischen Kontakte weiterhin so zu pflegen, wie dies vielerorts bisher üblich war.

Bereits heute übernehmen immer mehr Ehrenamtliche in allen Bereichen des kirchlichen Lebens Verantwortung. Das bedeutet auch, dass Ehrenamtliche als Ansprechpersonen für ökumenische Belange zur Verfügung stehen bzw. stehen werden. Diese Veränderungen lösen zuweilen Irritationen aus, schaffen aber auch neue Möglichkeiten.

Empfehlungen

  • Für ein gutes ökumenisches Klima vor Ort ist es entscheidend, die Veränderungen der pastoralen Rollen und Beauftragungen miteinander zu kommunizieren und diese zu erläutern. Für das Pastoralteam empfiehlt es sich daher, möglichst bald mit den evangelischen Kolleginnen und Kollegen über die neuen Arbeitsweisen und Aufgaben ins Gespräch zu kommen und einen Turnus für regelmäßige Absprachen zu vereinbaren.
  • Idealerweise wird eine Person des Pastoralteams als Ansprechpartner_in für ökumenische Belange benannt. Dies gilt ganz besonders dann, wenn zu einer der betreuenden Pfarreien ein ökumenisches Zentrum gehört. Die Ansprechperson für Ökumene hat dabei nicht die Aufgabe, für jede nur denkbare ökumenische Aktivität oder Fragestellung zuständig zu sein, sondern wird ggf. auf andere Personen oder Gruppen verweisen.
  • Die ökumenische Arbeit vor Ort liegt in der Verantwortung der „Teams gemeinsamer Verantwortung“(TGV). Die TGV werden bei dieser Aufgabe vom Pastoralteam unterstützt und begleitet. Dies gilt besonders für die Ehrenamtlichen, die einen liturgischen Dienst übernehmen und in der Verkündigung stehen.
  • Das Pastoralteam ist bei der Kontaktherstellung zwischen den TGV und den evangelischen Geistlichen behilflich.
  • Sowohl das Pastoralteam als auch Ehrenamtliche können sich bei Unterstützungsbedarf jederzeit an die Ökumenekommission und die Diözesanstelle Ökumene wenden.