Umbau als Chance

Grabungen an Domapsis bringen neue Erkenntnisse zur Geschichte der Bischofskirche

Hildesheim (bph) Vor der Gründung des Bistums Hildesheim im Jahre 815 hat es am heutigen Domhof keine Kirche gegeben. Das zeigen Grabungen an der Apsis des Hildesheimer Doms, die in diesen Wochen abgeschlossen werden. Bevor Diözesankonservator Prof Dr. Karl Bernhard Kruse rechtzeitig vor der Blüte des 1000jährigen Rosenstocks seine Grube wieder zuschüttet, führt er am Sonntag, 2. Mai, von 14.30 bis 17 Uhr durch die Ausgrabungen.

Die Wissenschaft macht Fortschritte, auch im Bereich Archäologie. Nach dem Krieg hat Joseph Bohland an der Apsis des zerstörten Doms gegraben und behauptet, Reste einer Rundkapelle gefunden zu haben, die älter als 815 ist. Hätte dies gestimmt, wäre der heutige Domhof schon lange vor der legendären Gründung des Bistum im Jahre 815 ein religiöses Zentrum gewesen. „So richtig geglaubt hat man Bohland diese Ergebnisse aber nicht“, sagte Kruse am Dienstag am Rande einer Tagung von Experten im Bischöflichen Generalvikariat.

Nun gibt es aber auch handfeste Beweise, die gegen Bohland sprechen. Seit August vergangenen Jahres gräbt Kruse mit einer Mannschaft von bis zu zehn Personen an der Domapsis neben dem 1000jährigen Rosenstock und kann die angeblichen Funde von Bohland nicht bestätigen. Nach allem, was man weiß und was Kruse samt Mannschaft gefunden hat, baute Ludwig der Fromme 815 eine schlichte, jedoch recht große Saalkirche mit halbrunder Apsis, die heute noch in den Außenmauern der Domkrypta vorhanden ist. Bischof Altfrid ließ später einen neuen Dom errichten mit einer damals sehr modernen Außenkrypta und einer großen runden Scheitelkapelle in der Domachse.

Nach einem verheerenden Dombrand 1046 baute Bischof Hezilo 1079 auf den alten Grundmauern eine neue Rundkapelle und verband sie mit zwei Verbindungsmauern mit der neuen Krypta seines Domes. „Von dieser Kapelle konnten wir nur die Verbindungsmauern ergraben“, erklärt Kruse. Gefunden hat er mit seiner Mannschaft auch eine Steinlage, die Bischof Berthold um 1130 erbauen ließ. „Diese hat Bohland für karolingisch gehalten und damit seine gesamte Befundabfolge durcheinandergebracht“, bedauert der Diözesankonservator.

Auch wenn es bislang keine Beweise dafür gibt, so war der Domhof vermutlich schon vor 815 besiedelt, ergänzt Dr. Helmut Brandorff, örtlicher Grabungsleiter am Domhof. An St. Godehard habe man bei früheren Grabungen Tonscherben aus der Zeit von Christi Geburt gefunden.

Dr. Stefan Winghart, Präsident des Landesamtes für Denkmalpflege Hannover, dankte dem Bistum Hildesheim und Diözesankonservator Kruse, dass man den Umbau des Hildesheimer Doms als Chance begriffen habe, um „eine der großen Kirchengrabungen unserer Zeit“ zu beginnen. Nach Wingharts Worten ist sich das Land Niedersachsen seiner Verantwortung gegenüber der Wissenschaft bewusst und will die Grabungen daher mit 150.000 Euro unterstützen. Dadurch hofft man, das dünne Wissen aus der zweiten Hälfte des ersten Jahrtausends mit neuen Forschungsergebnissen mehren zu können. Zur Expertentagung waren auch Prof. Dr. Uwe Lobbedey, Hauptkonservator i.R. am Westfälischen Museum für Archäologie, und Dr. Hans-Wilhelm Heine, stellvertretender Referatsleiter Archäologie am Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege nach Hildesheim gekommen.

Information:
Besichtigung der Grabungsergebnisse an der Hildesheimer Domapsis
mit Führung durch Diözesankonservator Prof. Dr. Karl Bernhard Kruse
Sonntag, 2. Mai 2010, 14.30 bis 17 Uhr,
Eingang zum 1000jährigen Rosenstock,
Eintritt: 0,50 Euro