Aufbrechen und bleiben

Heinz-Günter Bongartz ist noch immer überrascht von seiner Bischofsernennung

Hildesheim (bph/kiz) Bald drei Monate ist es nun her, dass Papst Benedikt XVI. am 4. Dezember den Hildesheimer Domkapitular Heinz-Günter Bongartz (55) zum neuen Weihbischof für das Bistum Hildesheim ernannt hat und damit zum Nachfolger von Weihbischof Hans-Georg Koitz, der am 1. Mai 2010 aus Altersgründen in Ruhestand ging. Manches wird sich für Bongartz nach der Weihe am 26. Februar um 10 Uhr in St. Godehard ändern. Anderes bleibt ihm.

Als Kind hat er gelernt, dass Bischöfe die Nachfolger der Apostel sind. Und jetzt soll Heinz-Günter Bongartz selbst einer von ihnen werden! „Ich kann es mir noch nicht so recht vorstellen“, bekennt er freimütig, „schließlich wird niemand Priester in der Absicht, später mal Weihbischof zu werden.“ Diese Aufgabe erfülle ihn mit Freude und Dankbarkeit, zugleich habe er aber auch großen Respekt vor diesem Amt und sehe es als große Herausforderung. Bongartz weiß sehr wohl um die Abbrüche in der Kirche – Priestermangel, Gläubigenmangel, Glaubwürdigkeitsmangel – denen er sich in seiner neuen Rolle mit noch weit größerer Verantwortung stellen muss, als bislang. Doch Bongartz übersieht auch nicht die Aufbrüche. Heute wehe der Wind in der Kirche viel freier, als in seiner Jugend, spürt der Neuernannte. Und dann sind da auch die vielen engagierten Menschen, die aus ihrem Glauben heraus Kirche gestalten wollen. „Unser großes Pfund“, nennt er sie.

Ein großer Optimist und Prediger

Pessimismus ist dem neuen Weihbischof jedenfalls ähnlich fremd wie seinem beliebten und volkstümlichen Vorgänger Koitz. In Zukunft werde er bei Firmungen noch weit mehr Menschen erreichen können wie bislang, freut sich der Weihekandidat. Darunter dürften dann auch viele sein, die sonst eher wenig Bezug zur Kirche haben. Wie will er sie ansprechen? „Ich glaube, es ist wichtig, in einer Predigt vom Leben zu reden“, zeigt sich Bongartz nachdenklich. Man müsse den Menschen vermitteln, dass man selbst ein Suchender sei. Man müsse die Fragen des Lebens stellen und dürfe dann auch bezeugen, dass man in der Heiligen Schrift eine Antwort darauf gefunden habe. Ein Bischof zum Anfassen also? „Ach, das ist mir zu abgegriffen“, widerspricht der Domkapitular. Lieber will er als ein Mann gesehen werden, vor dem man keine Angst haben müsse und mit dem man deshalb alles besprechen kann. Sein Naturell dürfte dem angehenden Weihbischof dabei helfen. Am Hildesheimer Domhof gilt er als menschenzugewandt und hilfsbereit. Er selbst bringt es auf einen einfachen Punkt: „Ich bin gerne mit Menschen zusammen.“ Ein begabter Prediger ist Bongartz ohnehin.

Auch als Weihbischof wird Heinz-Günter Bongartz bis auf Weiteres die Hauptabteilung Personal/Seelsorge im Bischöflichen Generalvikariat leiten und damit der Personaldezernent der Priester, Diakone und hauptberuflichen pastoralen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bleiben. Unterschiedliche Gründe haben ihn in dieser Entscheidung bestärkt: Zum einen ist in der Hauptabteilung einiges an Veränderungen geplant. „Vieles ist im Fluss – und wenn ich mich jetzt da rausziehen würde, wäre es schwierig“, nennt Heinz-Günter Bongartz als Beispiel. Zum anderen macht sich der Priestermangel auch im Generalvikariat bemerkbar: Einen Nachfolger einzusetzen würde bedeuten, einen anderen Seelsorger aus der Gemeinde zu ziehen. „Ich klebe nicht an diesem Posten, aber ich werde versuchen, beide Aufgaben unter einen Hut zu bringen“, sagt Bongartz. Auch seine Bischöfliche Beauftragung für die Diakone und die Geschäftsführung der Bischöflichen Beratergruppe für Fragen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger im Bistum wird er zunächst behalten. Wie lange, das muss sich zeigen.

Diese Doppelbelastung bedeutet aber auch, dass er die Aufgabe des Domdechanten, die Weihbischof Hans-Georg Koitz als sein Vorgänger innehatte, nicht übernehmen wird. Koitz, der im vergangenen Jahr als Weihbischof in den Ruhestand ging, hat Bischof Norbert Trelle vor wenigen Wochen auch seinen Rücktritt als Domkapitular und Domdechant, gewissermaßen als Hausherr des Doms, angeboten. Angesichts der laufenden Domsanierung nahm Bischof Trelle diese Verzichtserklärung nicht an und bat Koitz nun, beide Ämter bis auf Weiteres auszuüben. Abgegeben hat Bongartz inzwischen seine Lehrverpflichtung an den Bischöflichen Priesterseminaren in Hamburg, Osnabrück und Hildesheim, wo er seit 1988 regelmäßig Predigtlehre (Homiletik) unterrichtete. Vielleicht bleibt dem Domkapitular auf diese Weise auch in Zukunft noch Zeit zum Lesen. Sein großes Hobby nämlich ist die Beschäftigung mit der Literatur. Als Weihbischof kann Heinz-Günter Bongartz nun bald selbst an der Geschichte des Bistums mitschreiben.

Vom Erzbistum Paderborn nach Hildesheim

Heinz-Günter Bongartz wurde am 5. März 1955 in Gütersloh geboren und wuchs in dem nahe gelegenen katholischen Dorf Avenwedde auf. Schon als Kind wollte er Pastor werden. Nach der Realschule holte er daher bei den Ursulinen in Bielefeld das Abitur nach und begann dann 1975 sein Theologiestudium in Münster. Dort lernte er den damaligen Regens des Hildesheimer Priesterseminars kennen, der inzwischen sein Vorgänger im Amt des Weihbischofs ist: Hans-Georg Koitz. „Das war ein sehr freundlicher Mensch“ erinnert sich der Domkapitular heute gerne. Koitz gewann Bongartz, der eigentlich zum Erzbistum Paderborn gehörte, für den Dienst im Bistum Hildesheim.

Der Weihe am 5. Juni 1982 im Hildesheimer Dom folgten bis 1985 die ersten Kaplansjahre in der Gemeinde St. Elisabeth, Hildesheim, dann führte sein Weg nach Hameln, wo er bis 1993 als Kaplan und später als Pfarrer in den Pfarrgemeinden St. Elisabeth und St. Vizelin, zeitweise auch in St. Maria in Hemeringen bei Hessisch-Oldendorf wirkte. 1993 wechselte Bongartz als Pfarrer in die Pfarrgemeinde St. Oliver in Laatzen und leitete seit 1998 das damalige Dekanat Hannover-Mitte/Süd. Verantwortung übernahm der Seelsorger darüber hinaus als langjähriger Sprecher des Priesterrates im Bistum. Zum 1. Oktober 2006 berief ihn Bischof Norbert Trelle zum Leiter der Hauptabteilung Personal/Seelsorge im Bischöflichen Generalvikariat, einen Monat später rückte er auch in das Domkapitel auf.

Im Juni 2007 übernahm Heinz-Günter Bongartz eine heikle Aufgabe, die ihn drei Jahre später stark fordern sollte. Damals wurde er Bischöflicher Beauftragter für Fragen des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger durch Geistliche des Bistums Hildesheim. Als vor gut einem Jahr der Missbrauchsskandal durch Priester auch das Bistum Hildesheim erfasste, lag die Hauptlast der Aufklärung bei ihm. Mit den neuen Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz zum sexuellen Missbrauch hat er dieses Amt zum 1. November 2010 abgegeben, führt den Beraterstab des Bischofs zu Fragen des sexuellen Missbrauchs aber weiterhin als Geschäftsführer. Weniger konfliktträchtig war seine Bischöfliche Beauftragung für die ständigen Diakone des Bistums, die er seit Juli 2007 innehat.

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