„Liberalismus mit Gemeinsinn“

Philosophischer Buchpreis 2020 geht an Buch über den libanesischen Philosophen Nassif Nassar

Das Buch „Liberalismus mit Gemeinsinn. Die politische Philosophie Nassif Nassars im libanesischen Kontext“ des Islamwissenschaftlers Michael Frey wird mit dem Philosophischen Buchpreis 2020 ausgezeichnet.

Das Thema des diesjährigen Buchpreises lautet „Erbe und Zukunft politischer Liberalität“. Frey gelinge es mit seinem Buch, so die Jury in ihrer Begründung, die Potenziale arabischer Philosophie offenzulegen und Nassars Denken als Beitrag globalen Philosophieren auszuweisen. 

Nassars „Liberalismus mit Gemeinsinn“ sei „ein Liberalismus, der individuelle Freiheitsrechte ebenso einfordert wie zwischenmenschliche Solidarität“. Nassar geht es um nichts Geringeres als eine „Neubegründung des Liberalismus“. Dabei beziehe er sich auf die Philosophie als „Unruhestifterin“. Nassars Liberalismus ist Ausdruck einer arabischen Philosophie, die sich von der europäischen Moderne inspirieren lässt. Dabei folgt er der Methode der „doppelten Kritik“: Kritik an der eigenen kulturellen Tradition und Kritik an der hegemonialen westlichen Tradition. Diesen Liberalismus entwickelt Nassar vor dem Hintergrund der konfliktreichen gesellschaftlichen Situation des Libanon. 

Das Buch von Dr. Michael Frey sei ein Aufruf an westliche Philosoph*innen, sich endlich mit den Herausforderungen arabischer Philosophie ernsthaft auseinanderzusetzen.

Frey studierte Islamwissenschaften und Geschichte in Bern, Damaskus und Beirut. Er ist wissenschaftlicher Assistent am Forum Islam und Naher Osten der Universität Bern und Redakteur des Ueberweg-Projekts.

Der Preis, der mit 3000 Euro dotiert ist, wird am Freitag, den 11. September 2020, um 19.30 Uhr im St. Clemenshaus in Hannover durch den Vorstandsvorsitzenden der Stiftung „Forschungsinstitut für Philosophie Hannover“, Prof. Dr. Ulrich Hemel, in einer öffentlichen Feier überreicht. Die Laudatio wird Prof. Dr. Markus Kotzur, Professor für Europa- und Völkerrecht an der Universität Hamburg und geschäftsführender Direktor des Institute for European Integration, Hamburg, halten. Für die Veranstaltung ist eine Anmeldung erforderlich. Ein Zusammenschnitt der Veranstaltung wird über h1 am Dienstag, 22. September 2020, 19 Uhr, ausgestrahlt und auf dem Vimeo-Kanal des Forschungsinstituts (https://vimeo.com/channels/fiph) abrufbar sein.

Mitglieder der Jury: Prof. Dr. Ulrich Hemel (Universität Regensburg), Prof. Dr. Markus Kotzur (Universität Hamburg), Prof. Dr. Armin Nassehi (Ludwig-Maximilians-Universität München), Prof. Dr. Birgit Recki (Universität Hamburg), Prof. Dr. Thomas Schmidt (Universität Frankfurt), PD Dr. Jörg-Dieter Wächter (Universität Hildesheim/Bistum Hildesheim)

Der Philosophische Buchpreis wird alle zwei Jahre vom Forschungsinstitut für Philosophie Hannover (fiph) vergeben. Damit möchte das fiph die Aufmerksamkeit auf drängende philosophische Gegenwartsfragen lenken. Die Nominierung der Titel erfolgt durch die Buchverlage. Ausgezeichnet wird jeweils die beste Neuerscheinung der letzten drei Jahre zu einem aktuellen Themenbereich der praktischen Philosophie. 

Frühere Preisträger:

  • 2010: Prof. Dr. Andreas Lienkamp (Universität Osnabrück): „Klimawandel und Gerechtigkeit. Eine Ethik der Nachhaltigkeit in christlicher Perspektive“ (Paderborn: Schöningh 2009)
  • 2012: Prof. Dr. Avishai Margalit (Hebrew University/Princeton University): „Über Kompromisse und faule Kompromisse“ (Berlin: Suhrkamp 2011)
  • 2014: Dr. Sascha Dickel (Technische Universität München): „Enhancement-Utopien. Soziologische Analysen zur Konstruktion des Neuen Menschen“ (Baden-Baden: Nomos 2011)
  • 2016: Prof. Dr. Albrecht Koschorke (Universität Konstanz): „Hegel und wir“ (Berlin: Suhrkamp 2015)
  • 2018: Dr. Isolde Charim (Wien): „Ich und die Anderen. Wie die neue Pluralisierung uns alle verändert“ (Paul Zsolnay Verlag 2018)

Das Forschungsinstitut für Philosophie Hannover ist die wissenschaftliche Einrichtung des Bistums Hildesheim. Es setzt sich mit drängenden Gegenwartsfragen auseinander.