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Gedanken von Bischof Dr. Heiner Wilmer SCJ
zu Weihnachten 2025
Unzählige Menschen feiern Weihnachten – darunter viele, die Weihnachten nicht aus religiösen Gründen feiern, wie es Christinnen und Christen tun. Warum ist das so? Was fasziniert so sehr an Weihnachten?
Ich denke, die Antwort liegt im Ursprung des Festes. Sie hat damit zu tun, wie wir als Menschen sind. Sicher trägt jede und jeder von uns die Sehnsucht nach Gemeinschaft, nach Frieden und Hoffnung in sich. Das sind menschliche Grundbedürfnisse, die sich in der berühmten Weihnachtsgeschichte aus dem Lukas-Evangelium der Bibel wiederfinden.
Es ist die Schilderung eines Wunders vor mehr als zweitausend Jahren. Die Umstände damals sind schlecht: Maria und Josef finden keine Herberge, erst in einem Stall zwischen Tieren kommen sie unter. Dann bringt Maria in diesem Stall Gottes Sohn zur Welt. Jesus ist ein armes, wehrloses Kind in einer Krippe. Kein königlicher Hofstaat ist da und keine Streitmacht, um es zu schützen.
Gott teilt in dem Kind in der Krippe, in Jesus, das Schicksal normaler Menschen, er teilt das Schicksal von uns allen. In dieser schlichten und doch unfassbaren Begebenheit liegt das Geheimnis von Weihnachten, das so viele Menschen berührt.
Das Christkind in seiner Verletzlichkeit spricht unsere eigene Bedürftigkeit an. Es erinnert uns daran, wie verletzlich das Leben ist und wie sehr wir auf Fürsorge angewiesen bleiben. Das verbindet uns alle, unabhängig von Herkunft, Religion oder Weltanschauung. Weihnachten ruft uns ins Gedächtnis, dass niemand allein durchs Leben kommt, sondern wir aufeinander angewiesen sind: in der Familie, in der Nachbarschaft, in der Gesellschaft.
Auch im zu Ende gehenden Jahr 2025 nach Christi Geburt spüren wir, wie kostbar Frieden und Gemeinschaft sind. Zur Realität von heute gehören Kriege, Gewalt und Hass an unterschiedlichen Orten der Erde. Viele Menschen schauen besorgt in die Zukunft, andere fühlen sich einsam oder überfordert.
Weihnachten stellt dem die Botschaft entgegen, dass Hoffnung, Frieden und Menschlichkeit wachsen, wenn wir uns nicht abfinden mit Gleichgültigkeit, sondern einander wahrnehmen und füreinander einstehen. Der verstorbene Papst Franziskus hat es einmal so ausgedrückt: „Das wahre Geschenk zu Weihnachten für uns ist Jesus, und so wie er wollen auch wir Geschenk für die anderen sein.“
Diese Worte von Papst Franziskus sind ein Aufruf an Christinnen und Christen zur Nächstenliebe. Aber auch wer nicht an Jesus Christus glaubt, kennt die Erfahrung, dass menschliche Wärme und Zuwendung das Leben heller machen. Ein freundliches Wort, ein offenes Ohr, eine ausgestreckte Hand – das sind kleine Zeichen, die Großes bewirken können.
Ich wünsche Ihnen, dass Sie solche Zeichen in diesen Tagen erfahren. Und ich wünsche Ihnen die Kraft, selbst Licht weiterzugeben: in Ihrer Umgebung, in dieser Welt. Weihnachten lädt uns zu Verbundenheit und Mitgefühl ein. Wenn wir so handeln, wird die Botschaft dieses Festes Wirklichkeit: Frieden auf Erden, nicht als realitätsferne Utopie, sondern als Aufgabe für uns alle.
Ich wünsche Ihnen friedvolle Weihnachten und ein hoffnungsvolles Jahr 2026!
Ihr Heiner Wilmer
Bischof von Hildesheim

