„Ausreizen, was geht“

Mit einem deutlichen Appell für mehr Beteiligung von Laien, zum Teilen von Macht innerhalb der Kirche und für mehr gesellschaftlichen Einsatz ist die konstituierende Vollversammlung des Diözesanrates der Katholik*innen in Hannover zu Ende gegangen. Der bisherige Vorstand macht komplett weiter.

Zwei Themen standen im Mittelpunkt der ersten Vollversammlung der 15. Amtsperiode des Rates: Die Verständigung über Arbeitsschwerpunkte und -weise und die Wahl eines neuen Vorstandes. Wobei: der neue Vorstand ist der alte. Mit nur einer Gegenstimme und bei vier Enthaltungen wurde Christian Heimann aus Ilsede wieder zum Vorsitzenden gewählt. Der 54-jährige Informatiker und vierfache Familienvater spricht sich zum einen für eine Kirche von Hildesheim aus, die „gesellschaftlich Bedeutung hat und einen Unterschied ausmacht.“ Ein Beispiel dafür sind die Schritte, die das Bistum für Nachhaltigkeit und Klimaschutz geht – „auch wenn wir da konsequent weitergehen müssen“.

Eine innerkirchliche Voraussetzung dafür ist laut Heimann ein deutliches Stärken echter Beteiligung und Mitbestimmung der Laien, ihrer Räte und Verbände. Der Synodale Weg habe wichtige Reformvorhaben angestoßen, dazu zählen auch Veränderungen in der Art und Weise, wie Macht in kirchlichen Strukturen ausgeübt wird: „Zwar haben wir im Bistum Hildesheim mit dem Diözesanpastoralrat ein neues Beteiligungsgremium auf den Weg gebracht, doch das allein reicht nicht aus“, unterstreicht Heimann: „Zudem müssen wir schneller in der Umsetzung werden.“

Als stellvertretenden Vorsitzenden wurde Christiane Hülsbusch mit ähnlich großer Einmütigkeit bestätigt. Die 53-Jährige arbeitet als Verwaltungsangestellte bei der Stadt Hannover. Auch für Christiane Hülsbusch ist weitere Stärkung von Synodalität und das mutige Hinterfragen von bisher Gewohntem und neuen Möglichkeiten unerlässlich für die Zukunft der Kirche. Den Vorstand vervollständigen Christian Leidner (38 Jahre, Softwareentwickler aus Braunschweig), Klaus Neumann (63 Jahre, stellvertretender Schulleiter aus Hildesheim) und Teresa Schubert (39 Jahre, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Uni Hildesheim und Lehrerin in Hannover). Als Bischöflicher Beauftragter für den Diözesanrat gehört Generalvikariatsrat Dr. Christian Hennecke, einer der beiden Leiter des Bereiches Sendung im Bischöflichen Generalvikariat, mit beratender Stimme dem Vorstand an.

Zweite Wahlentscheidung der Vollversammlung: die dreiköpfige Delegation des Hildesheimer Diözesanrats für das Zentralkomitee der deutschen Katholiken: Mit Kathrin Brauner (38, Jahre, Grundschullehrerin aus Hannover) setzt ein Mitglied die Tätigkeit fort. Neu entsandt werden Simon Westphal (35 Jahre, Gesundheits- und Krankenpfleger aus Hildesheim) und Vorstandsmitglied Christian Leidner. Hildesheim stellt damit eine vom Alter her der jüngsten Delegationen für das ZdK.

Für die Diözesankommission für Liturgie schlägt der Diözesanrat Markus Galonska als Mitglied vor. Galonska ist Vertreter der Gemeindereferent*innen und soll die Nachfolge von Werner Kohrs antreten, der Anfang des Jahres verstorben ist.

Bei der noch nicht abschließend geführten Beratung der ersten Arbeitsvorhaben des Diözesanrates zeichnen sich drei Schwerpunkte und ein Leitgedanke ab. Zum einen will sich der Rat für eine konsequente Umsetzung der Ergebnisse des Synodalen Wegs starkmachen. Das umfasst nicht nur die Veränderungen bisheriger Machtstrukturen in der Kirche, sondern auch neue Leitungsmodelle von Gemeinden. Hier seien andere Bistümer schon einige Schritte voraus, wird in der Debatte geltend gemacht. Auch die Möglichkeiten von Frauen verantwortlich das Leben der Kirche von Hildesheim zu gestalten, sollen erweitert werden – einschließlich des Diakonats. Leitgedanke hier: „Ausreizen, was geht.“

Um anderen richtet sich der Blick des Diözesanrates auf neue Formen der Kirche vor Ort. Mehr ökumenische Zusammenarbeit und andere Formen, gerade um junge Menschen zu erreichen, sind erste Stichworte. Der dritte mögliche Schwerpunkt führt über die Kirchtürme hinaus: In welchem Verhältnis stehen heute Kirche und Arbeitswelt? „Gerade hier ist es wichtig, neue Kontakte zum Beispiel zu den Gewerkschaften zu knüpfen“, betont Diözesanratsvorsitzender Christian Heimann.

In einem Grußwort hat Bischof Heiner Wilmer auf die großen Herausforderungen für die Kirche von Hildesheim verwiesen: Der Umgang mit der in der Kirche begangenen sexualisierten Gewalt, der demografische Wandel, die hohen Austrittszahlen, die finanzielle Ressourcen und die Frage, wie Ehren- und Hauptamtliche gefunden werden können.  Wilmer hofft, dass die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit weiter fortgesetzt werden kann. Das Ringen und das Miteinander der Gläubigen auf allen Ebenen macht die Kirche zukunftsfähiger.

Zurzeit gehören 38 Mitglieder dem Diözesanrat an, möglich sind 47. Einzelne Dekanatspastoralräte haben sich noch nicht konstituiert. Die Katholische Kirche in der Region Hannover beispielsweise wird zwei Mitglieder erst am 21. Juni wählen können. Auch die muttersprachlichen Gemeinden müssen sich noch auf ihre drei Vertreter*innen verständigen.