Die Mauern des Schweigens einreißen

Hildesheimer Bischof fordert im Niedersächsischen Landtag einen offenen Austausch mit Polen

Hildesheim/Hannover (bph) Für eine ehrliche Aufarbeitung der gegenseitigen Ängste im deutsch-polnischen Verhältnis hat sich der Hildesheimer Bischof Dr. Josef Homeyer ausgesprochen. Anlässlich einer Feierstunde im Niedersächsischen Landtag zum zehnjährigen Bestehen der Partnerschaft Niedersachsens mit zwei polnischen Wojewodschaften bot er dabei die weitere Hilfe der Kirchen an.

"Die europäischen Völker sind durch ein Band verbunden. Das stärkste Band in ganz Europa ist aber das zwischen Deutschen und Polen", sagte Homeyer in seinem Festvortrag bei der Feierstunde im Landtag. Homeyer erinnerte an die mehrhundertjährige gute Partnerschaft beider Länder, die erst im 18. Jahrhundert durch die Polnischen Teilungen in Feindschaft umgeschlagen sei. Auf dieser "europäischen Unglücksachse" hätten beide Seiten – Deutsche wie Polen – sich gegenseitig Unrecht angetan: Terror und Todesfabriken auf der einen, Vertreibungen auf der anderen Seite.

Homeyer betonte aber auch den Anteil der Kirchen an der Annäherung beider Staaten nach dem Kriege. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und die deutsche sowie polnische katholische Bischofskonferenz hatten bald nach dem Krieg den Weg zur Versöhnung geebnet. Dennoch seien auch heute noch gegenseitige Befürchtungen und Ängste spürbar, so Homeyer. Diese sollten offen angesprochen und ausgeräumt werden. "Die Mauern des Schweigens müssen eingerissen werden", sagte Homeyer in Hannover. Dabei bot er die Hilfe der katholischen Kirche an, denn "wir sind durch die älteste europäische Institution, die Diözesen, miteinander verbunden."

Dr. Josef Homeyer sprach auf Einladung von Jürgen Gansäuer, Präsident des Niedersächsischen Landtages, zu den zahlreichen Gästen der Feierstunde, darunter der amtierende Ministerpräsident Niedersachsens, Christian Wulff, und der ehemalige Ministerpräsident Dr. Ernst Albrecht. Von polnischer Seite richteten Henryk Golebiewski, Marschall der Wojewodschaft Niederschlesien und Stefan Mikolajczak, Marschall der Wojewodschaft Großpolen, Worte an die Abgeordneten und Gäste. Anlass war die Unterzeichnung einer Vereinbarung zur Zusammenarbeit zwischen Niedersachsen und den damaligen Wojewodschaften Breslau und Posen am 22. und 23. April 1993.

Bischof Homeyer hat sich als Präsident der Kommission der Bischofskonferenzen der EU (ComECE) und Mitglied im Präsidium des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) sowie als Mitglied der Kontaktgruppe der polnischen und deutschen Bischofskonferenz stets für die Aussöhnung zwischen Polen und Deutschen eingesetzt und ist ein profunder Kenner aller Facetten im deutsch-polnischen Verhältnis. Für seine Verdienste um die deutsch-polnische Verständigung wurde er im März 2002 vom polnischen Botschafter in Berlin mit dem "Offizierkreuz des Polnischen Verdienstordens" ausgezeichnet.

Die Rede von Bischof Dr. Josef Homeyer finden Sie im Wortlaut in unserem Nachrichtenarchiv.