Ein Fest für das Auge

Das „Aufschwörungsbuch“ beleuchtet die Geschichte des Hildesheimer Domkapitels

Hildesheim (bph) Katholisch mussten sie sein, von ehelicher Geburt und in mindestens fünfter Generation adlig – die Herren Domkapitulare früherer Jahrhunderte am Hildesheimer Dom. Ihre Herkunft war in einem Stammbaum nachzuweisen. 211 dieser aufwändig gestalteten Malereien sind erhalten und in einem so genannten Aufschwörungsbuch gesammelt, das heute in der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek in Hannover liegt. Ein neues Buch erschließt nun dieses künstlerisch und historisch wichtige Werk. Am Mittwochabend wurde es in der Leibniz-Bibliothek Hannover an den emeritierten Hildesheimer Weihbischof Hans-Georg Koitz übergeben.

Was soll da noch schief gehen, bei solchen Vorfahren? Als Joseph Clemens von Bayern 1684 Domkapitular im Bistum Hildesheim werden und damit zum engsten Kreis um den Bischof gehören wollte, da musste er wie alle anderen Domkapitulare auch „aufschwören“, also einen Stammbaum nachweisen. Der seine enthält Namen aus vielen Häusern des europäischen Hochadels der Frühen Neuzeit. Dies half ihm sicher beim Aufstieg, der ihn auf die Bischofsstühle von Hildesheim, später auch Freising, Regensburg und Köln führte.

Die farbenprächtigen Wappen aller seiner 32 Vorfahren väterlicher- und mütterlicherseits sind eines der Prachtstücke des großformatigen Aufschwörungsbuches. Doch auch die anderen 210 Ahnentafeln bieten ein wahres „Fest für das Auge“, wie Peter Marmein von der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Autor und Mitherausgeber des neuen Buches, bei der Buchvorstellung sagte. Alle Stammbäume sind in der gleichen Weise in Form eines stilisierten Baumes gestaltet, in dessen Ästen die Wappen der einzelnen Vorfahren ruhen. Erst nach der Säkularisation im Jahre 1810 und der zeitweisen Aufhebung des Domkapitels konnten auch Nichtadlige Domkapitular werden.

Das Buch „Kirche und Adel in Norddeutschland. Das Aufschwörungsbuch des Hildesheimer Domkapitels“ beschreibt die Geschichte dieser Sammlung von Stammbäumen und zeichnet in biographischen Skizzen das Leben und Wirken verschiedener Domkapitulare des 16. bis 18. Jahrhunderts nach. Dabei wurden die einzelnen Seiten des Originalwerkes aufwändig digitalisiert. Neben Marmein haben auch Mitherausgeber Dr. Thomas Scharf-Wrede, Direktor des Hildesheimer Bistumsarchivs, und Jochen Bepler, Direktor der Hildesheimer Dombibliothek, Aufsätze beigetragen, vor allem aber der Historiker Dr. Christian Schuffels von der Universität Kiel. Fast 7.000 Adlige sind in dem Original mit ihren Wappen verewigt. „Dies macht das Aufschwörungsbuch des Hildesheimer Domkapitels für die Genealogie ebenso aufschlussreich wie für die Heraldik“, freut sich Schuffels.

Gewidmet ist das neue Buch dem emeritierten Hildesheimer Weihbischof Hans-Georg Koitz zum 75. Geburtstag. Er selbst hätte damals nie Chancen gehabt, Domkapitular geschweige denn Weihbischof zu werden, bekannte Koitz bei der Buchübergabe und dankte den Herausgebern und Verleger Dr. Albrecht Weiland vom Verlag Schnell + Steiner für ihren wertvollen Beitrag zur Geschichte des Bistums Hildesheim.

Information:
Peter Marmein/ Thomas Scharf-Wrede (Hrsg.): Kirche und Adel in Norddeutschland. Das Aufschwörungsbuch des Hildesheimer Domkapitels (Quellen und Studien zur Geschichte und Kunst im Bistum Hildesheim 3. Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek. Editionen und Beiträge) Regensburg: Schnell + Steiner 2011, gebunden, 176 Seiten, 103 Abbildungen, ISBN: 978-3-7954-2219-6; 44,90 Euro