Ein guter Hirte

Hildesheimer Bistumsarchivar beleuchtete das Leben von Bischof Eduard Jakob Wedekin

Hildesheim (bph) Steigende Katholikenzahlen, Kirchenneubauten, wechselnde Landesherren – die Herausforderungen, vor denen sich das Bistum Hildesheim im späten 19. Jahrhundert sah, waren andere als heute. Ihnen stellte sich mit Eduard Jakob Wedekin (1796 bis 1879) ein tatkräftiger Bischof, dessen Leben Bistumsarchivar Dr. Thomas Scharf-Wrede am Dienstagabend beim „Verein für Geschichte und Kunst im Bistum Hildesheim“ in einem sehr dichten Vortrag beschrieb.

„Wie muss die Herde trauern, die verloren hat einen solchen, solchen guten Hirten!“ So schrieb das „Katholische Sonntagsblatt“, die damalige Kirchenzeitung, nach dem Tode von Bischof Wedekin 1870. In der Tat hatte auch sie dem Bischof einiges zu verdanken, war es doch Eduard Jakob Wedekin, der dieses Blatt 1852 gründete, um die Verbindung mit seinen stetig wachsenden Gemeinden zu verbessern.

Überhaupt war der Bischof ein Mann der Gründungen: Er holte die Vinzentinerinnen in seine Bischofsstadt und verhalf ihnen zu großem Aufschwung. Er war es auch, der im Untereichsfeld in Germershausen ein Kloster gründete und damit der dortigen Wallfahrt Auftrieb gab. Wo er selbst nicht tätig wurde, unterstützte er die Gründungen anderer. Ausführlich beschrieb Bistumsarchivar Dr. Thomas Scharf-Wrede in seinem kurzweiligen Vortrag im Remter am Domhof die Geschichte der Marienkirche in Bremen-Blumenthal. Dort baute der Priester Wilhelm Nürnberg mit unglaublicher Energie eine Gemeinde samt Kirche auf, zunächst auf eigene Initiative, dann mit tatkräftiger Unterstützung seines Bischofs Wedekin. Überhaupt war die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts eine Zeit rascher Expansion. Die Industrialisierung zog nicht nur immer mehr Arbeitskräfte in die Städte, sondern auch Menschen aus katholischen Ländern wie Schlesien in die norddeutsche Diaspora. Wo eine genügend große Anzahl Katholiken zusammen kam, dort unterstützte der Bischof dann die Gründung einer Pfarrgemeinde. Die Initiative dazu kam aber fast immer von den Menschen vor Ort.

Bei allem Aufbauen und Gründen war Wedekin doch auch ein Freund der Kunst, der die Pfarrgemeinden dazu drängte, ihre Kunstschätze zu inventarisieren und sicher zu verwahren – oder an das von ihm angedachte Dom-Museum abzugeben. So darf der umtriebige Mann auch als der geistige Vater des heutigen Dom-Museums gelten, selbst wenn ein solches erst 1881 unter Wedekins Nachfolger Bischof Sommerwerck entstand.

Scharf-Wrede zeichnete vor zahlreichen Zuhörern, darunter Bischof Norbert Trelle und Weihbischof em. Hans-Georg Koitz, das Bild eines undogmatischen, reformorientierten Bischofs, der es verstand, unter wechselnden politischen Landesherren – zunächst das Haus Hannover, dann die Preußen – das Beste für sein Bistum heraus zu holen und in Streitfragen wie etwa der Mischehe zwischen Katholiken und Protestanten nicht päpstlicher zu sein als der Papst. Mit ihm sei sicher „ein bedeutender Hildesheimer Bischof gestorben“ resümierte der Bistumsarchivar: „Er hat das Bistum Hildesheim in die Neuzeit hinein geöffnet und es zukunftsfähig gemacht.“