Ein Hildesheimer Wüstensohn

Das untergegangene Bonusta in Tunesien wird Titularbistum von Heinz-Günter Bongartz

Hildesheim/Bonusta (bph) Vermutlich gibt es dort wenig Katholiken, dafür umso mehr Sand: Bonusta im heutigen Tunesien muss einmal ein blühender Bischofssitz gewesen sein. Heute dient diese längst untergegangene Diözese nur noch als Titularbistum eines Weihbischofs. Papst Benedikt XVI. hat am vergangenen Samstag den Hildesheimer Domkapitular Heinz-Günter Bongartz (55) nicht nur zum Weihbischof von Hildesheim, sondern auch zum Titularbischof von Bonusta ernannt. Besuchen wird Bongartz seinen Bischofssitz wohl nicht.

Es gehört zu den Merkwürdigkeiten einer zweitausendjährigen Kirche, hat aber eine innere Logik: Nach katholischem Verständnis sind alle Bischöfe einander gleich gestellt und Hirten eines Bistums, deshalb müssen auch Weihbischöfe ein eigenes Bistum haben. Da sie nun aber einem residierenden Diözesanbischof zugeordnet sind, verleiht ihnen der Papst bei ihrer Ernennung eine Diözese, die längst untergegangen ist und nur noch dem Titel nach existiert: ein so genanntes „Titularbistum“. Die römisch-katholische Kirche kennt etwa 2.000 solcher Titularbistümer. Zum Großteil sind sie bei der Ausbreitung des Islam oder nach der Trennung zwischen Ostkirche und der römischen Westkirche untergegangen. Bis Mitte des 20. Jahrhunderts lagen diese Titularbistümer fast ausschließlich in Nordafrika, Vorderasien oder Südosteuropa. In den vergangenen Jahrzehnten hat der Heilige Stuhl aber auch untergegangene Bistümer aus anderen Teilen Europas, insbesondere Italiens und der Iberischen Halbinsel und Amerikas unter die Titularbistümer aufgenommen.

Bonusta lag einst in der römischen Provinz Africa proconsularis und gehörte zur Kirchenprovinz Karthago. Heute ist es irgendwo in der tunesischen Wüste verschwunden. In seinem „Bischofssitz“ wird Bongartz übrigens entfernter „Nachbar“ des zweiten Hildesheimer Weihbischofs Dr. Nikolaus Schwerdtfeger: Dem hat der damalige Papst Johannes Paul II. 1995 das Titularbistum Fussala verliehen. Diese antike Kleinstadt findet man etwas weiter westlich von Bonusta in der historischen Landschaft Numidien auf der Grenze zwischen Tunesien und Algerien.

Die Diözese Bonusta wurde erst kürzlich frei. Bis zum 23. Oktober war sie an den US-amerikanischen Weihbischof von Miami, John Gerard Noonan, vergeben. Der ist an diesem Tag zum Bischof der echten Diözese Orlando ernannt worden. Und auch dessen Vorgänger, der polnische Bischof von Kattowitz, Stefan Cichy, schaffte es 2005 als Titularbischof von Bonusta auf den realen Bischofssitz von Legnica (Liegnitz) in Polen. Ist Bonusta in der tunesischen Wüste also eine Durchgangsstation für aufstrebende Weihbischöfe? „Macht mir keine Angst“, sagte Bongartz heute schmunzelnd, als er auf die jüngste Vergangenheit „seiner“ Diözese aufmerksam gemacht wurde. Überhaupt will Bongartz sein Titularbistum nicht allzu wichtig nehmen. Er werde dort wohl kaum jemals hinkommen, sagte der ernannte Weihbischof heute in Hildesheim bei einem Pressegespräch.

Dennoch entbehrt es nicht der Ironie: Die beiden Weihbischöfe Schwerdtfeger und Bongartz, die schon in Laatzen Nachbarn waren und sich hervorragend verstanden, sind nun auch in der Wüste entfernte Nachbarn. Ob sie dort jemals in einem Zelt mit Tee auf gute Nachbarschaft anstoßen werden? Dies dürfte wohl nur ein reizvoller Gedanke bleiben.