Für Gott und Generationen

Kolloquium „Der Hildesheimer Dom. ‚Kraftzentrum‘ des Bistums?“ fragte nach der Rolle der Bischofskirche

Hildesheim (bph) Der Hildesheimer Dom ist mehr als eine Kathedrale. Er führt als Herzstück des Bistums auch die Menschen zusammen. Das zeigte einmal mehr der große Zulauf zum Kolloquium „Der Hildesheimer Dom. ‚Kraftzentrum‘ des Bistums?“, zu dem der „Verein für Geschichte und Kunst im Bistum Hildesheim“ und der Hildesheimer Dombauverein am heutigen Samstag, 24. November, in das Bischöfliche Generalvikariat eingeladen hatten. Rund 140 Teilnehmer besuchten diese zweite Veranstaltung einer insgesamt fünfteiligen Reihe.

Sie blicken aus unterschiedlichen Blickwinkeln auf den Hildesheimer Mariendom: Der emeritierte Weihbischof Hans-Georg Koitz ist als Domdechant zugleich Bauherr der Domsanierung, Generalvikar Dr. Werner Schreer steuert dieses gewaltige Projekt und der Kölner Architekt Prof. Johannes Schilling liefert die Pläne dazu. Gemeinsam mit Dr. Konrad Deufel, dem Vorsitzenden des Hildesheimer Dombauvereins und Elisabeth Eicke, der Vorsitzenden des Diözesanrats der Katholiken, diskutierten sie in einem Podiumsgespräch über „Idee und Visionen“ für dieses Gotteshaus, dessen Fundamente in die Zeit der Bistumsgründung zurück reichen.

Das Gebäude war bautechnisch in die Jahre gekommen und musste dringend saniert werden, begründete Koitz die Entscheidung zur Domsanierung. Doch mehr noch: Seine kostbaren Domschätze konnten bislang nur unzureichend gezeigt werden. Als „Erbe und Eigentum aller Menschen“ gebührt ihnen jedoch eine würdige Präsentation. Schreer erinnerte daran, dass nach anfänglich kritischen Stimmen zur Domsanierung jetzt die Nachfrage nach Domführungen ständig steigt und Architekt Schilling versprach einen sanierten Dom, „in dem sich Menschen gerne aufhalten werden.“

Tatsächlich führt die Bischofskirche Menschen auch im Geiste zusammen, wie der Hildesheimer Dombauverein beweist: Interessierte aus allen Schichten, Konfessionen und Regionen sind ihm beigetreten, berichtete Vorsitzender Deufel. „Mit diesem Verein haben wir Brücken gebaut und eine Aufgabe übernommen, die wir an die nächsten Generationen weitergeben werden.“

Jeder Dom, ein „Zeichen des Unwandelbaren“, wie Elisabeth Eicke betonte, steht dennoch in ganz unterschiedlichen geschichtlichen und gesellschaftlichen Zusammenhängen. Das zeigten die Vorträge des Tages, in denen Prof. Dr. Hans-Georg Aschoff aus Hannover die komplizierte und mitunter auch absurde Geschichte der Hildesheimer Bischofskirche darlegte. Wer weiß zum Beispiel, dass der Dom kurzzeitig eine evangelische Schlosskapelle war? Dr. Claudia Höhl vom Dom-Museum nahm die Zuhörer mit auf eine Reise durch den mittelalterlichen Dom mit seinen Altären und Grabdenkmälern, bevor Bistumsarchivar Dr. Thomas Scharf-Wrede den Wandel der Gottesdienste „Von der ‚Goldenen Messe‘ zur Chrisam-Messe“ beleuchtete. Köstlich die Zitate aus einer alten Hausordnung, in denen den Gottesdienstbesuchern das lautstarke Begrüßen, das Besteigen von Altären und die Mitnahme von Hunden zur Messe ausdrücklich untersagt wurde.

Über Hildesheim hinaus blickten schließlich am Nachmittag Prof. Dr. Josef Pilvousek, der „Das Bistum Erfurt und seinen Dom“ vorstellte, sowie Dr. Hermann Queckenstedt aus Osnabrück. Dort hat man die Domsanierung schon vor neun Jahren abgeschlossen und nutzt das Gotteshaus nun als „offene Kirche“, um „Brücken zu den Fernstehenden“ zu schlagen. In einem beeindruckenden und engagierten Vortrag schilderte Queckenstedt, der die Abteilung „Kultur und Archiv“ im Bistum Osnabrück leitet, Beispiele innovativer Dom-Projekte, mit denen sein Bistum „selbstbewusst das Christentum in die Welt“ tragen will. Burkhard Guntau, Präsident der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannovers, hingegen näherte sich dem Phänomen „Dom“ von protestantischer Seite und sprach „Zur Bedeutung evangelischer Bischofskirchen“. Sein Fazit: Bei allen Unterschieden zwischen katholischen und evangelischen Domen – alle sind sie tatsächlich „Kraftzentren des Glaubens“.

Das Kolloquium „Der Hildesheimer Dom. ‚Kraftzentrum‘ des Bistums?“ war die zweite Veranstaltung einer Reihe von fünf ähnlichen Kolloquien, die bis zum 1.200jährigen Bistumsjubiläum 2015 jährlich wiederholt werden sollen. „Das Hildesheimer Domkapitel. Dem Bistum verpflichtet“ hieß die Auftaktveranstaltung im November 2011. Alle damals gehaltenen Vorträge sind jetzt in einem gleichnamigen Buch erschienen. Die zwei ersten Exemplare überreichte Bistumsarchivar Dr. Thomas Scharf-Wrede vor Beginn des Kolloquiums an Weihbischof Koitz und Generalvikar Dr. Schreer. Auch die diesjährigen Vorträge sollen gesammelt und veröffentlicht werden.

Information:
Thomas Scharf-Wrede (Hrsg.): Das Hildesheimer Domkapitel. Dem Bistum verpflichtet“,
Hildesheimer Chronik. Beiträge zur Geschichte des Bistums Hildesheim, Band 21,
ISBN 978-3-89366-564-8; 8,90 Euro