"Hohes Ansehen der katholischen Kirche in Ostdeutschland“

Berliner Erzbischof Dr. Heiner Koch sprach beim Jahresempfang des Katholischen Büros Niedersachsen in Hannover

Beim Jahresempfang des Katholischen Büros Niedersachsen sind gestern rund 200 Gäste aus Politik und Kirche zusammengekommen. Dabei gab der Erzbischof von Berlin, Dr. Heiner Koch, Einblicke in die Religiosität der Menschen in Ostdeutschland.

„Die Katholische Kirche genießt in Ostdeutschland ein hohes Ansehen in der Gesellschaft und der Politik, gerade auch wegen ihren sozialen Einrichtungen. Gleichzeitig ist aber auch die Angst der Menschen sehr groß, sich von einer Religion vereinnahmen zu lassen.“ Viele Menschen hätten dort nach dem Fall der Mauer nicht nur eine Arbeitsstelle oder einen Staat verloren. „Die Menschen haben auch ein Stück Identität und Heimat verloren. Die Angst vor der Heimatlosigkeit führt meiner Meinung nach zu dem Aufstieg der Partei AfD dort“, sagte Erzbischof Koch. „Christ zu sein ist in Ostdeutschland eine Entscheidung, und meist eine gegen den Mainstream. Familientraditionen werden mit der Taufe gebrochen.“ Das Christentum müsse für die Menschen dort eine Hilfe für ihr Leben sein. „Die Botschaft muss sein, dass jeder Mensch wertvoll ist.“ Das Interesse, gerade auch der Regierungen und Parteien in Ostdeutschland, an der Katholischen Kirche als Gesprächspartner sei sehr groß. „Das deutsche Verhältnis zwischen Staat und Kirche, das Miteinander bei gleichzeitiger Trennung, hat sich in Ostdeutschland sehr bewährt.“

Eine Feststellung, die der Niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil bei seiner Begrüßung teilte. Er dankte der Katholischen Kirche für die „intensive und vertrauenswürdige“ Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren. „Bei aller gebotenen Unabhängigkeit von Politik und Kirche ziehen wir am gleichen Strang und in die gleiche Richtung“, sagte Weil. Dies sei ihm gerade in der Flüchtlingsfrage aufgefallen. Die Kirche sei ein „wohlmeinender Ratgeber“ für die Regierung und die Politik. „Werte geben Orientierung, gerade auch in unübersichtlichen Situationen. Darum ist meiner Meinung nach die Bedeutung der Kirche in Deutschland gerade so hoch wie seit Jahrzehnten nicht mehr“, sagte Weil. Die Bewältigung der Flüchtlingsfrage brauche einen langen Atem. „Und wenn eines die katholische Weltkirche auszeichnet, dann einen langen Atem“, scherzte Weil. Den Jahresempfang des Katholischen Büros Niedersachsen nehme er darum gerne als Plattform des Austausches wahr. „Seit vielen Jahren ist diese Veranstaltung Teil des Biorhythmus des politischen Lebens in Niedersachsen“, sagte Ministerpräsident Weil.

Das Katholische Büro Niedersachsen soll als Kontaktstelle für Politiker die drei Katholischen Diözesen vertreten, die sich auf dem Gebiet des Landes Niedersachsen befinden: das Bistum Hildesheim, das Bistum Osnabrück und das Offizialat Vechta. Es steht als Ansprechpartner in Fragen der Gesetzgebung und katholischer Standpunkte zur Verfügung und garantiert den Kontakt und Austausch zwischen Religion und Politik.