Jutta Menkhaus-Vollmer als Präventionsbeauftragte verabschiedet

Ein Rückblick auf 10 Jahre Schulungstätigkeit

Als 2010 der Missbrauchsskandal die deutsche Kirche erschütterte, reagierten die Bistümer darauf mit der Schaffung von Präventionsbeauftragten. In der Diözese Hildesheim übernahm Anfang 2012 Jutta Menkhaus-Vollmer diese Aufgabe. Jetzt hat sie das Amt abgegeben und blickt zurück.

Ein Schreibtisch, ein Stuhl, ein Computer – das war die Ausstattung, die Jutta Menkhaus-Vollmer zur Verfügung hatte, als sie vor zehn Jahren mit der Präventionsarbeit im Bistum Hildesheim begann. „Niemand hatte damals Erfahrung, wie man mit dem Thema umgehen kann, ich musste mir vieles anlesen, selbst erarbeiten“, sagt sie. Was ihr beim Start zugute kam: die Bistumsleitung, insbesondere der damalige Generalvikar Werner Schreer, stand hinter ihr, brachte ihr großes Vertrauen entgegen. Auch später habe sie immer problemlos die nötigen Mittel und Möglichkeiten erhalten, um ihre Arbeit tun zu können, sagt Menkhaus-Vollmer.

Viel hat sich seit diesen Anfängen getan. 20000 haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Schulen, Kindergärten, Pfarreien und Krankenhäusern des Bistums erhielten eine Schulung zur Prävention sexualisierter Gewalt. 130 Männer und Frauen wurden zu Präventions-Fachkräften ausgebildet, 90 zu Multiplikatoren. Pfarrgemeinden und Einrichtungen erarbeiteten flächendeckend Schutzkonzepte, einmal im Jahr erschien bislang das Präventions-Magazin „Alle Achtung“, diverse Veröffentlichungen greifen das Thema auf, selbst Filmclips zur Vorbeugung sexualisierter Gewalt entstanden.

Besonders am Anfang hatte die Präventionsbeauftragte mit Widerständen zu kämpfen. „Es gab den Vorwurf, dass wir alle Priester unter Generalverdacht stellen. Doch darum ging es nie“, sagt Menkhaus-Vollmer. Wahrgenommen hat sie vor allem eine große Unsicherheit im Umgang mit dem Thema. Mittlerweile ist die Präventionsarbeit selbstverständlicher geworden, dennoch gibt es auch heute hin und wieder noch Vorbehalte. „Dann ist es wichtig, dass es andere Priester und Mitarbeiter vor Ort gibt, die für Offenheit und Achtsamkeit stehen und die Skeptiker einbinden“ erklärt die Diplom-Pädagogin.

Ihr Ziel war es in den vergangenen zehn Jahren „Prävention als Haltung“ zu etablieren. Prävention sei nicht mit einer Schulung oder einem Schutzkonzept erledigt, sondern müsse immer wieder in den Alltag einfließen. „Die Kirche muss ein sicherer Ort sein und zudem ein Kompetenzzentrum für Menschen, die Missbrauch erlebt haben, innerhalb wie außerhalb der Kirche“, sagt sie.

Ähnlich sieht es auch Generalvikar Martin Wilk, bei Menkhaus-Vollmers Verabschiedung erklärte er: „Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch reicht nicht, wir müssen dafür sorgen, dass wir für die Zukunft eine andere Kultur haben. Ich bin davon überzeugt, dass wir damit auch einen wichtigen Beitrag für unsere Gesellschaft leisten.“ Wilk dankte der Präventionsbeauftragten für ihre Arbeit und meinte: „Ich habe immer wieder Ihre Kraft bewundert, trotz oder vielleicht gerade wegen der einen oder anderen Niederlage und Schwierigkeit.“

Die 60-Jährige arbeitet künftig im Bereich Personalentwicklung im Generalvikariat. „Nach zehn Jahren Präventionsarbeit wollte ich mich nochmal einer anderen Aufgabe widmen“, sagt sie. Hinzu kommt, dass die Präventionsarbeit im Bistum neu geordnet wurde.

Viele Missbrauchsbetroffene hätten lange Zeit das Gefühl gehabt, sie seien allein und selbst schuld an dem, was geschehen ist, meint Menkhaus-Vollmer im Gespräch mit der KiZ. „Mit meiner Arbeit konnte ich dazu beitragen, zumindest einigen Menschen dieses Gefühl zu nehmen“. Auch wenn das Bewusstsein für das Thema in den letzten Jahren gestiegen sei, brauche es noch immer Zeit, „um zu begreifen, was Missbrauch mit den Menschen macht“, erklärt Menkhaus-Vollmer. Froh ist sie darüber, dass sich die Kirche an die Spitze der Aufklärungsarbeit in der Gesellschaft gesetzt hat und mittlerweile für andere Gruppen Vorbild sei. „Ich glaube, wir haben es als Kirche geschafft, dem Thema eine Sprache zu geben.“

Neuordnung der Präventionsarbeit im Bistum Hildesheim

Seit Ende des letzten Jahres gibt es im Bischöflichen Generalvikariat Hildesheim die neue „Stabsstelle Prävention, Intervention und Aufarbeitung sexualisierter Gewalt“. Ziel der Neuordnung ist es, Kompetenzen zu bündeln: Die bisherige Fachstelle Prävention ist in die neue Stabsstelle eingegliedert. Auch die Referentin des Bischöflichen Beraterstabes in Fragen sexualisierter Gewalt wurde in den neuen Bereich integriert. Ebenso neu ist die Zusammenarbeit mit den für Prävention zuständigen Mitarbeiterinnen des Caritasverbandes der Diözese Hildesheim in dem insgesamt sechsköpfigen Team der Stabsstelle.

Die neue Stabsstelle wird von Martin Richter geleitet, der 58-Jährige stand bislang dem Fachbereich Jugendpastoral im Bischöflichen Generalvikariat Hildesheim vor. Die neue Organisationseinheit soll die Strategie des Bistums im Umgang mit sexualisierter Gewalt weiterentwickeln. Die neue Stabsstelle steht außerdem für den Dialog mit Betroffeneninitiativen zur Verfügung. Für Verdachtsfälle sexualisierter Gewalt sind weiterhin die von der Kirche unabhängigen Fachleute als Ansprechpersonen für Betroffene und deren Angehörige zuständig. 

Matthias Bode