Kein Sterben mit John Wayne

Das Katholische Forum Niedersachsen beleuchtete in Hannover die „Freundschaft“

Hildesheim/Hannover (bph) Sie steht irgendwo zwischen Sex und Blut – die Freundschaft. Vom geschlechtlichen Austausch unterscheidet sie sich durch ihre vornehmlich geistigen Bande, von der Blutsverwandtschaft dadurch, dass man sich Freunde aussuchen kann. Eine faszinierende Form der zwischenmenschlichen Kommunikation ist die Freundschaft also allemal. Grund genug für das „Katholische Forum Niedersachsen“, am Dienstagabend in der Cumberlandschen Galerie von Hannover Dr. Henning Scherf, den früheren Bürgermeister Bremens, mit dem Makrosoziologen Prof. Dr. Heinz Bude ins Gespräch zu bringen. Es moderierte Regisseur und Autor Moritz Rinke.

Um es vorneweg zu sagen: Der Titel des Abends „Freundschaft – Eine Tiefenbohrung zum sozialen Wandel“ war weniger als Thema, denn als Stichwort zu verstehen. Die rund 60 geladenen Gäste aus Politik, Kirchen und Gesellschaft wurden vor der grandiosen Kulisse des eisernen Treppenhause in der Cumberlandschen Galerie Zuhörer eines rund 70-minütigen kurzweiligen Geplauders, das einen weiten Bogen schlug vom philosophischen Begriff der Freundschaft hin zum Zusammenleben der Generationen. Lediglich zu Beginn hielten sich der ehemalige Bremer Bürgermeister und der Makrosoziologe der Universität Kassel mit theoretischen Betrachtungen zu dem uralten Phänomen der Freundschaft auf. Heinz Bude etwa siedelte die Freundschaft soziologisch betrachtet zwischen Familienbanden und dem Wohlfahrtsstaat an. Eine wunderbare Erfahrung bei der Freundschaft sei das Gefühl, von einem anderen Menschen gewählt worden zu sein. Richtig, und doch müsse man selbst aktiv werden, in Freundschaften investieren, erwiderte Henning Scherf, um nicht irgendwann im Alter einsam vor dem Fernsehapparat „mit John Wayne zu sterben“.

Bevor die beiden Redner aber in die Verlegenheit kamen, tiefer über das Thema nachzudenken oder gar wissenschaftliche Erkenntnisse zu diskutieren, brachte der Gesprächsleiter Moritz Rinke das Gespräch auf die Lebensverhältnisse des ehemaligen Bremer Bürgermeisters und Präsidenten des Senats, der bekanntlich mit anderen Menschen gemeinsam unter einem Dach lebt. Mit Genuss erzählte Scherf von gemeinsamen Unternehmungen und der Lust, miteinander und aneinander zu lernen. Assistiert von Bude und Rinke hielt der emeritierte Bürgermeister ein begeisterndes Plädoyer für mehr Miteinander. Es stimme eben nicht, dass alte Menschen ihre Ruhe haben wollen. Menschen seien auch im hohen Alter meist noch neugierig aufeinander und wollen mitten hinein ins Leben, erzählte Scherf aus eigener Erfahrung. Und auch dabei kann es helfen, Freunde zu haben, so wagte sich Bude wieder zurück zum Thema. Denn in einer echten Freundschaft sei es eben auch möglich, seine und des Freundes wachsende Gebrechlichkeit anzunehmen.

Das Katholische Forum Niedersachsen wurde 2002 durch die Bischöfe von Hildesheim und Osnabrück sowie den Bischöflichen Offizial in Vechta gegründet und wird seit 2006 in alleiniger Trägerschaft des Bistums Hildesheims geführt. Dieses Forum will nach eigenen Angaben in den Bereichen der Gesellschafts- und Sozialpolitik sowie Bildungspolitik katholische Positionen diskutieren und wendet sich dabei in seinen Veranstaltungen ausschließlich an Entscheidungsträger und Fachleute.