Rostige Vergänglichkeit

"Aschermittwoch der Künstler" 2004 in Hildesheim zeigt Skulpturen Franz Bernhards

Hildesheim (bph) Ehrwürdige Steine, in Jahrhunderten verwittert – daneben moderne Bronzeskulpturen von Franz Bernhard. "Meditative Stationen, einem Kreuzgang mehr als angemessen" nannte sie der Hildesheimer Bischof Dr. Josef Homeyer, als er am Sonntagabend den diesjährigen "Aschermittwoch der Künstler" in der Hildesheimer Antoniuskirche eröffnete.

"Dieses Kreuz wird eines Tages auf unserem Grab stehen", sagt Franz Bernhard, und er sagt dies mit verblüffender Selbstverständlichkeit. Groß, prominent, und doch sich zurücknehmend, auf das Wesentliche reduzierend steht dieses Werk in der Annenkapelle des Hildesheimer Kreuzgangs. Mit seinem schlanken Fuß und dem übergroßen, kräftig herausgearbeiteten Kopf macht dieses Kreuz Sterben und Tod fast physisch fassbar.

Mitte der 80er Jahre sei dieses Kreuz entstanden, erzählt der Künstler in seiner sympathischen, zurückhaltenden Art. Als Grabkreuz im Auftrag eines Freundes. Fast fünf Jahre hat sich Bernhard damit beschäftigt, gefeilt und um die richtigen Proportionen gerungen. Das Ergebnis ist ein rauer Bronzeguss mit Ecken und Kanten. Man mag sich daran stören, man mag dieses Werk provozierend finden – unberührt lässt es keinen. Der letzte Guss aus dieser Serie steht in Hildesheim, und eines Tages dann auf Bernhards Grab.

"Der Mensch ist Ausgangspunkt, Stimulans und Ziel meiner Arbeit. Ich strebe kein naturgetreues Abbild an, sondern etwas wie ein anthropomorphes Zeichen" hat der 70Jährige einmal gesagt. Die Ausstellung im Hildesheimer Kreuzgang lässt ahnen, was er damit meinte: In geometrische, fast ins Unerträgliche abstrahierte Formen hat Bernhard die Bronze gegossen. Den Rost, der viele seiner Skulpturen überzieht, nimmt er nicht nur in Kauf, sondern nutzt ihn als bewusste Metapher der Vergänglichkeit: "Rost deutet Verfall an. Vielleicht ist es die ehrlichste Farbe der Welt..."

Auch er habe sich von der archaischen Strenge, der sinnlichen Ausstrahlung der Werke in Bann ziehen lassen, bekannte Bischof Dr. Josef Homeyer freimütig bei der Eröffnung der Ausstellung am Sonntag. Bernhards Plastiken vermitteln in seinen Augen nicht nur menschliche Demut sondern verkörpern in fast sakraler Weise die "Monumentalität des Geistes". Durch diesen zutiefst humanen Anspruch sieht der Bischof das Werk Bernhards als Gegenpol zu den "Körperwelten" des Gunter von Hagens, als "Einspruch gegen die Verdinglichung des Menschen".

Franz Bernhard wurde 1934 in Neuhäuser, Sudetenland, geboren. Nach dem Studium an der Kunstakademie Karlsruhe arbeitete er als freier Künstler und ist seit 1990 Mitglied der Akademie der Künste in Berlin. Bernhard hat zahlreiche Preise erhalten, darunter den Wilhelm-Lehmbruck-Förderpreis, Duisburg, den Pfalzpreis für Plastik, den Hans-Thomas-Preis Baden-Württembergs und den Kunstpreis des Landes Rheinland-Pfalz. Bernhard lebt in Jockgrim (Pfalz).

Die Ausstellung im Rahmen des "Aschermittwoch der Künstler" ist bis 4. April 2004 im Domkreuzgang Hildesheim zu sehen.

Öffnungszeiten: Montag bis Samstag 10.00 bis 16.30 Uhr, Sonntag 12.00 bis 17.00 Uhr