Sorglospaket des Sterbens?

Diözesanrat der Katholiken diskutierte mit Experten über Sterbehilfe

Hildesheim (bph) Niemand soll einem anderen Menschen gewerbsmäßig zum Selbstmord verhelfen. Darin waren sich die Experten am Montagabend im Bischöflichen Generalvikariat Hildesheim bei einem Gesprächsforum des Diözesanrats der Katholiken einig. Die Frage des Abends „Sterbehilfe – Ausdruck menschlicher Freiheit oder der Anmaßung Gottes?“ beantworteten sie dann aber doch im Detail unterschiedlich.

Ein „Rundum-Sorglospaket des Sterbens“ will Dr. Frank Lüttig, Leitender Ministerialrat im Niedersächsischen Justizministerium, auf jeden Fall verhindern. Die Ankündigung der Sterbehilfeorganisation „Dignitas“, in Deutschland einem Sterbewilligen zum Tod zu verhelfen, soll nach seinem Willen ein Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe nach sich ziehen. Klar stellte der Jurist heraus, dass Beihilfe zum Selbstmord straffrei ist. Für Lüttig ist es jedoch ein himmelweiter Unterschied, ob man einem geliebten Menschen nach reiflicher Überlegung hilft, einer unheilbaren Lebenssituation zu entfliehen oder ob man dies geschäftsmäßig tut. Niemals dürfe man sich den Selbstmord kaufen können wie einen Cluburlaub, sagte Lüttig in Hildesheim. Damit könnten sich kranke Menschen zum Selbstmord gedrängt fühlen und das Wertesystem werde sich unweigerlich verschieben.

Vorsichtiger äußerte sich Gesine Meißner, Vorsitzende des Ausschusses für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit im niedersächsischen Landtag. Auch sie verurteilt das Vorgehen von Dignitas, glaubt aber nicht, dass ein Verbot die Lösung wäre. Vielmehr plädiert sie dafür, die Palliativmedizin zu fördern und Patientenverfügungen noch bekannter zu machen. Das beste Mittel gegen Sterbehilfe ist eine gute Unterstützung für die Menschen, so ihre These.

Aus moraltheologischer Sicht beleuchtete Prof. Dr. Andreas Lob-Hüdepohl von der Katholischen Fachhochschule für Sozialwesen in Berlin dieses schwierige Thema. In seinen Augen benötigt unsere Gesellschaft dringend einen Wertewandel. Leiden und Tod dürften nicht mehr als Versagen einer Maximalmedizin sondern müssten als normaler Bestandteil des Lebens begriffen werden. Sterben kann nach seiner Erfahrung „eine hoch dichte Phase menschlichen Lebens“ sein. Dabei wünscht sich auch der Theologe eine Verbesserung der Sterbebegleitung. Lob-Hüdepohl rät dazu, eine Patientenverfügung abzufassen, nicht zuletzt auch, um sich mit dem eigenen Sterben auseinander zu setzen. Allerdings dürfe eine solche Patientenverfügung nicht in jedem Fall verbindlich sein. Niemand könne als gesunder Mensch voraus sagen, wie er als Kranker entscheiden würde. Eine solche „negative Selbstbindung“ lehnt der Professor ab. Seiner Meinung nach kann man nicht alles verplanen und damit sein Schicksal zu einem „Machsal“ kehren.

Mit diesem ersten Gesprächsforum in der Reihe „Standpunkt“ hatte der Diözesanrat offenbar den Nerv der Zuhörer getroffen. Unter der engagierten Gesprächsführung von Gabriele Recker, der Vorsitzenden des Diözesanrats, entwickelte sich im Anschluss an die einzelnen Vorträge noch eine rege Diskussion.