Pfingsten: Das Fest der Kommunikation

Wer jeden erreichen möchte, muss so sprechen, dass er von allen verstanden wird. Davon handelt Pfingsten, das neben Weihnachten und Ostern das dritte große Fest der Christen ist.

Im Jahr 609, als Papst Bonifatius IV. die Pfingstmesse im Pantheon in Rom zelebrierte, soll bei seiner Predigt ein Rosenregen „wie Feuerzungen“ auf die Gläubigen niedergegangen sein. Daraus entstand der Brauch des pfingstlichen Rosenregens im Pantheon.

Wir reden zwar – aber aneinander vorbei. Das kennt sicher jeder von uns. Im privaten Leben kommt es genauso vor wie in Talkshows: Menschen unterhalten sich, ohne sich wirklich zu verstehen. Wir drücken das mit dem geflügelten Wort von der „babylonischen Sprachverwirrung“ aus. Diese Redewendung geht auf die Erzählung vom Turmbau zu Babel zurück, die im ersten Buch der Bibel überliefert wird.

Danach wollen die Bewohner von Babel einen Turm bauen, der bis in den Himmel reicht. Dieser Hochmut endet im Sprachchaos. Jeder spricht eine andere Sprache, keiner versteht den anderen. Die Erzählung von Pfingsten berichtet genau das Gegenteil: Die Menschen können sich plötzlich verstehen, obwohl sie aus verschiedenen Ländern und Sprachen kommen.

„Pfingsten, das liebliche Fest, war gekommen“, so beginnt Goethes Dichtung Reineke Fuchs. Die Ereignisse an Pfingsten in Jerusalem waren jedoch alles andere als lieblich, im Gegenteil: Da ist von Sturm und Feuer die Rede, als Gottes Geist auf die verängstigen Anhänger von Jesus herabkommt.

Dieser Heilige Geist sprengt die Türen ihres Hauses, bricht die Enge und Angst der Jünger auf und lässt sie in fremden Sprachen reden, damit sie die Nachricht in alle Welt tragen können, dass Jesus von den Toten auferstanden ist. Pfingsten ist also ein Fest der Kommunikation.

Es gilt als Geburtsstunde der Kirche und ist neben Weihnachten und Ostern das dritte große Fest der Christen. Fünfzig Tage nach Ostern wird es gefeiert, das Wort leitet sich von „pentekoste“, dem griechischen Begriff für fünfzig, ab.

Wenn Christen heutzutage Pfingsten feiern, werden sie daran erinnert, dass der Geist Gottes Grenzen sprengen und Menschen zueinander bringen möchte.

In meiner Pfarrgemeinde in Braunschweig sind sehr viele Menschen aus unterschiedlichen Ländern und Sprachen, Menschen, die in Asien, Afrika oder Südamerika geboren sind, die aus verschiedenen europäischen Staaten kommen. Alle bringen ihre eigene Sprache und Kultur mit. Und doch gelingt es eine Gemeinde zu sein – wie an Pfingsten.

Zum Nachlesen in der Bibel

Der Turmbau zu Babel findet sich im ersten Buch der Bibel, dem Buch Genesis (Gen 11,1–9). Die Pfingsterzählung steht im Neuen Testament, in der Apostelgeschichte (Apg 2,1–13).

Über den Autor

Der Dominikanerpater Wolfgang Stickler, Jahrgang 1949, hat Theologie, Philosophie und Pastoralpsychologie studiert. Darüber hinaus verfügt er über eine psychotherapeutische Ausbildung. Er war Krankenhaus- Seelsorger, Studentenpfarrer und arbeitete in der Leitung des Dominikaner-Ordens in Deutschland mit. Heute ist er in der katholischen Ehe-, Familien- und Lebensberatung in Braunschweig tätig.

| Der Text erschien zuerst im Jes-Magazin 1/2014.

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