Jugendfestival in Nowy Sacz

Alle sprechen die gleiche Sprache

Eigentlich mag ich keine Menschenmassen. In der Luft wehende Flaggen und lautes Geschreie lösen in mir ein unwohles Gefühl aus. Und ja, anfangs zog ich mich in die Ecken zurück, fand schließlich Zuflucht auf einem Aussichtsturm, von dem aus ich einen wunderbaren Blick auf das Toben und Treiben beim Jugendfestival in Nowy Sacz hatte.

Doch der Turm war nicht sonderlich stabil. Ein Polizist bat mich schließlich herunter zu kommen. So stand ich also wieder inmitten der Menschen – Menschen aus aller Welt, die ihre Tage der Begegnung ebenfalls in polnischen Gastfamilien in der Diözese Tarnów verbrachten. Gemeinsam feierten wir einen wunderbaren Gottesdienst. Priester aus Brasilien, Korea, Italien, der Ukraine – ja, aus der ganzen Welt –, die zusammen mit ihren Pilgergruppen angereist waren, hielten die Messe. Eine andächtige und sehr schöne Messe. „Hier sind wir Zuhause“ hieß es in der Predigt. Und so fühlten wir uns auch. „Die Wahrheit ist eine“ und das ist sie, egal wo auf der Welt wir gemeinsam beten, singen und knien. Alle verstanden diese Sprache. Das Gebet als Gespräch und Vereinigung mit dem Herrn braucht keine Worte.

Ich war ergriffen. Die Menschenmassen und die Hitze machten mir plötzlich nichts mehr aus. Ich war müde, bekam die Nächte zuvor wenig Schlaf, doch war ich irgendwie erfüllt von einer Freude, die mich den ganzen Tag munter hielt. Jugendliche mit Schildern, auf denen „free hugs“ zu lesen war, liefen hin und her und umarmten einander so, wie es alte Freunde tun, die sich Ewigkeiten nicht mehr gesehen haben. Sie kannten sich nicht. Aber das tat nichts zur Sache. Wir waren und wir sind Brüder und Schwestern, vereint in Jesus Christus. Das musste nicht einmal erwähnt werden und im Grunde genommen waren auch die Schilder überflüssig. Es war ein Gefühl von Nähe, Verbundenheit und großer Freude in der Luft.

„Ich hätte nie gedacht, dass Katholiken so abgehen können“, sagte die 20-jährige Anette verblüfft. Und auch mich machte der Anblick tanzender, singender und lachender Menschen aus aller Welt und in allen Altersklassen – Laien, Priester, Ordensschwestern, ganz egal – sprachlos. Eine solche Freude und das ohne jeglichen Alkohol. In Hannover ein seltenes Bild. Wie oft ging ich am Bahnhof entlang und sah junge Mädchen, wie sie abwechselnd aus einer Sektflasche tranken – in der Hoffnung, der gewünschte Effekt würde bald eintreten. Hier hat es keinen „Effekt“ gebraucht, denn alles, was wir brauchten, war schon da. Mitten unter uns.